Vivien Röbstorf

Phantastische Szenerien, gellendes Schmettern und ekstatische Wildheit

Das Hamburger Künstlerfest

Die Götzenpauke von 1921

Abstract / Rezension


Vor genau 100 Jahren, im Februar 1921, feierten die Künstler der Hamburger Avantgarde im Curiohaus an der Rothenbaumchaussee das ebenso aufsehenerregende wie umstrittene Künstlerfest Die Götzenpauke. Denn während die einen von einem „bacchantischen Ausbruch lange unterdrückter Lebensfreude“ sprachen, kehrten wiederum andere „gegenüber diesen Festen den tugendhaften Griesgram heraus; am bärbeißigsten gegenüber der »Götzenpauke«“.

Anhand der Analyse der Gattungen Raumkunst, Literatur, Druckgrafik und Tanz wird das der "primitiven" Kunst gewidmete Fest als ein Versuch der Hamburger Künstlerschaft beschrieben, mittels der vermeintlichen Alterität der außereuropäischen Kulturen eine fantastische, den alltäglichen Konventionen enthobene Gegenwelt zu erschaffen. Auf der Götzenpauke spielten daher vor allem solche Formen des Ausdrucks und der Kommunikation eine entscheidende Rolle, die in einem deutlichen Gegensatz zum klassischen europäischen Kunstkanon standen; so beispielsweise das Erzeugen von Lärm, die Aneignung "primitiver" Gestaltungsmittel, die Verwendung einer pseudoafrikanischen Sprache, die Nachahmung ritueller Tänze oder die Thematisierung von Erotik und Sexualität.

Doch in dem Bewusstsein, dass der Primitivismus in den zwanziger Jahren bereits ein so großes Ausmaß der Popularisierung und Kommerzialisierung angenommen hatte, dass zahlreiche Kulturprodukte mit dem Versprechen nach Urzeiten, Urklängen, Urmythen und Urkulten lockten, zeichnete sich das Künstlerfest insbesondere durch seinen ironischen, am Dadaismus geschulten Umgang mit der „primitiven“ Ästhetik aus. Und so kann es auch nicht verwundern, dass Gustav Schiefler die Hamburger Künstlerfeste von 1920 bis 1921 unverhohlen als "Ausgeburten einer überheizten Phantasie" bezeichnet hat.

Folgende Rezension erschien in der Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 107/2021, Seite 340-342

Eine weitere Rezension erschien im Journal für Kunstgeschichte, 27, 2023, Heft 2, Seite 129-137


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