In der Einleitung skizziert Vivien Röbstorf sehr kurz die Geschichte des Anfang 1921 gegründeten "Hamburger Künstlerfeste e.V.", dem Ausrichter der "Götzenpauke". Sie weist auf die Bedeutung der Hamburger Künstlerfeste im Allgemeinen und insbesondere dieses Festes hin, das im Nachgang als "ein Höhepunkt" galt (so Harry Reuß-Löwenstein, Kreuzfahrt meines Lebens. Erinnerungen, Hamburg 1962). Die Feste sieht sie im Kontext eines "neu erwachten gesellschaftspolitischen Bewusstseins" der Künstlerinnen und Künstler, die "durch eine Überführung der künstlerischen Tätigkeit in eine die Kunst und das Leben vereinende neue Lebenspraxis" dazu beitragen wollten, "die Gesellschaft radikal zu verändern". Das Hauptinteresse der Autorin gilt der vielfältigen künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Primitivismus auf dem Fest, den sie als Ausdruck und Mittel der Kunstschaffenden definiert, eine "Alternative zu den alten gesellschaftlichen Werten der (Vor-)Kriegszeit zu formulieren".
Bei der Analyse der Raumkunst konzentriert sich die Autorin auf die Ausstattung des Hauptsaals, des "Götzenkraals", und der Bar-Räume. Dabei geht sie vor allem auf das vielfach verwendete Zickzackornament und die vermutlich starke Farbigkeit (die in den Schwarz-Weiß- Fotografien nur erahnt werden kann) ein. Mithilfe von schriftlichen Äußerungen des beteiligten Künstlers Otto Fischer-Trachau sowie dem Vergleich mit einer Wandgestaltung des nicht beteiligten Hamburger Kollegen Carl Otto Czeschka, Zitaten von Zeitzeugen und kunstwissenschaftlichen Beiträgen interpretiert sie die Fotografien der Festräume. Ziel der Gestaltung sei es gewesen, den Festgästen zum einen eine "Überfülle an Assoziationen" zu verschiedenen (tatsächlich eng verwandten) Kulturen zu ermöglichen. Und zum anderen sollte ein schwankender, destabilisierender Raumeindruck vermittelt werden. Ein eigenes Unterkapitel widmet die Autorin der Orientierung am expressionistischen Bühnenbild, insbesondere an der Arbeit von Johannes Schröder, der Anfang der 1920er-Jahre an den Hamburger Kammerspielen als Bühnenbildner tätig war. Neben vielen formalen Parallelen erkennt sie jedoch einen wichtigen Unterschied in der Ernsthaftigkeit, mit der die Sprache verwandt wurde. Während das Bühnenbild für eine bestimmte Theaterszene entwickelt wurde, waren expressionistische Elemente in der Innenarchitektur von Vergnügungsstätten verbreitet. Konkret bei dem Künstlerfest "Die Götzenpauke" nahm die Gestaltung den gesamten Raum ein, der ein Forum für unterschiedliche Darbietungen war. Und die Gäste wurden in das Geschehen einbezogen. Durch diese vielfache Ausweitung und nicht mehr spezifisch erarbeitete Gestaltung wurde - so die Autorin - die expressionistische Formensprache ihrer "Radikalität beraubt [...] und ins rein Dekorative überführt".
Von den Textbeiträgen im Büchlein zum Fest untersucht die Autorin vornehmlich die Einleitung von Hans Leip sowie das "Wörterbuch". Sie zeigt die Nähe des "Vorwirbels", wie Hans Leip seine Einleitung betitelte, zum Dadaismus auf. Dazu stellt sie die rhythmische Struktur des Textes, die Inhaltslosigkeit, die Auswahl von Worten aufgrund ihres Klangs sowie von lautmalerischen Wortschöpfungen und die Bedeutung des Vortrags für die Wirkung des Textes heraus. Mit dem "Wörterbuch" sei - so Hans Leip selbst dazu in einem Zeitungsbericht - ein "Esperanto der Weltverbrüderung, die mit wenigen Urlauten zu vollziehen ist" erschaffen worden. Das "Wörterbuch" beinhaltet außereuropäische Begriffe und lautmalerische Elemente, die nicht mit den üblichen Redewendungen "übersetzt" wurden, sondern mit vielfach erotischen und performativen Aufforderungen wie "Rum-Pulla = Ich glühe in dir!" und "Duk-Duk = Gehen wir ins Dunkle!" Beide Textbeiträge sieht die Autorin in der durch die Nutzung der Sprache für Kriegspropaganda geschürten Sprachkrise deutscher Literaten kontextualisiert. Das "Wörterbuch" unterstreicht zudem den Wunsch der Künstlerinnen und Künstler, die Festgäste einzubeziehen, indem sie den kleinformatigen Almanach während des Festes bei sich trugen und durch seine Nutzung (wie auch mittels ihrer Kostüme und Bewegung in den Räumen) Teil der Gesamtperformance wurden.
Von der Druckgrafik zum Künstlerfest wählt die Autorin ein (Linolschnitt-) Plakat von Emil Maetzel, einen Holzschnitt von Dorothea Maetzel-Johannsen und einen Holzschnitt von Otto Fischer-Trachau aus und setzt den Fokus ihrer Untersuchung jeweils anders. Bei der Arbeit von Emil Maetzel zeigt sie auf, wie die grafische Reduktion des Trommlers und die Einbeziehung der Schrift in die Bildgestaltung sowie die "signalhafte Farbgebung" rhythmische Musik visualisiert, wobei die grafischen Elemente den Rhythmus sichtbar machten und die Farbe die Lautstärke. Dies interpretiert sie als Nähe zum Dadaismus, zum Primitivismus und als Element einer Protestkultur. Den Holzschnitt von Dorothea Maetzel-Johannsen analysiert sie vornehmlich hinsichtlich der Sichtbarkeit des Werkprozesses - der Druck zeigt beispielsweise die Absplitterungen von Holzspänen. Hieraus leitete sie die Betonung des Handwerklich-Körperlichen als Teil der Bildaussage ab. Und bei der Grafik von Otto Fischer-Trachau rückt die Autorin das Motiv (ein nackter, maskierter, schwarzer Mann und eine nackte, weiße Frau, die zusammen tanzen) in den Vordergrund, wobei sie das Augenmerk auf damals verbreitete Vorstellungen von triebhafter Sexualität in außereuropäischen Kulturen legt, die als Gegenentwurf zu bürgerlichen Moralvorstellungen der eigenen Kultur galt.
In ihrem letzten Kapitel interpretiert die Autorin eine handschriftliche Notiz des Hamburger Künstlers, Schriftstellers und Musikers Tetjus Tügel zu einer Tanzaufführung der Schwestern Gertrud und Ursula Falke auf dem Fest. Die Notiz ist keine genaue Beschreibung von Schrittfolgen, sondern "gedichthaft-expressiv" eine "Poetisierung von Ideen", wie sie es bezeichnet. Es sind Begriffe notiert, die vermutlich assoziativ- improvisierend von den Ausdruckstänzerinnen in Bewegung übersetzt wurden, beispielweise "Nur Hauptwort, nach: Tief gegen hell. Schnell gegen langsam. Weich gegen Hart. Stoss gegen Hemmung." Der Ausdruckstanz galt als Gegenentwurf zum Ballett. Hier zeigt sich auf vielen Ebenen die Auseinandersetzung mit dem Primitivismus vereint: Es wurden Trommeln eingesetzt und so der Rhythmus betont; die Tänzerinnen setzten archetypische Empfindungen wie "Weich gegen Hart" in Bewegung um; die Regieanweisungen verlangten, dass sie während des Tanzes "Urlaute" ausstießen; die Schwestern tanzten - wie in der Vorstellung von außereuropäischen rituellen Tänzen - mit Masken. Und schließlich bezeichnete Tetjus Tügel die Tänzerinnen in seiner Tanzschrift als "südl. und nördl. Priesterinnen" und notierte die Einbeziehung von "Götzen"-Skulpturen (von Richard Luksch) als Bestandteil ihrer Darbietung.
Als Leitfaden durch ihre Publikation zieht sich das, was die Autorin als "Motto" des gesamten Festes ausmacht: die Parodie auf den Primitivismus. Die "humorvolle Selbstbespiegelung" der beteiligten Künstlerinnen und Künstler wertet sie als avantgardistisches Element. Die Publikation von Vivien Röbstorf wurde als beste Masterarbeit des Jahres 2018 am Kunsthistorischen Institut der Universität Hamburg und mit dem Karl H. Ditze-Preis für herausragende Examensarbeiten der Universität Hamburg ausgezeichnet. Damit wurde ihre außerordentliche Leistung gewürdigt, in einer Masterarbeit fächerübergreifend so verschiedene Bereiche wie Raumkunst, Literatur, Druckgrafik und Tanz zu rekonstruieren, zu analysieren und zu interpretieren. Das Buch wirft Schlaglichter auf vier sehr unterschiedliche Aspekte der Festgestaltung, bringt sehr gut recherchiertes und ausgewähltes Vergleichsmaterial und zeigt Verbindungen zu virulenten Strömungen der Zeit wie Dadaismus, Expressionismus und Primitivismus auf. Insbesondere die ironisch überspitzte Auseinandersetzung mit dem Primitivismus leitet die Autorin aus den einzelnen Festbeiträgen nachvollziehbar ab. Sie zeigt, wie erhellend die interdisziplinäre Sicht auf ein Thema ist, und genau dies macht das Buch beachtenswert und lesenswert.
Friederike Weimar
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