Yahya Kouroshi

Buttermilch-Vernunft

Eine Annährung an Hegels Berliner Ästhetik-

Vorlesungen aus interkultureller Perspektive

Abstract / Rezension


Georg W.F. Hegel (1770-1831) setzte sich im Rahmen seiner Ästhetik-Vorlesungen (ÄV) an der Universität Berlin (1820/21; 1823; 1826; 1828/29) nicht nur mit Dante Alighieri, Miguel de Cervantes, William Shakespeare, Friedrich Schiller und J. Wolfgang von Goethe, sondern auch mit persischer Poesie von M. Schams ad-Din Hafis Schirazi und Jalal al-Din Rumi intensiv auseinander. Von all diesen Persönlichkeiten der Weltliteratur ist Rumi derjenige, von welchem Hegel über 20 Verse an einer Fußnote in Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (EPW: 2. Aufl., 1827; 3. Aufl., 1830) zitiert und kommentiert, als er das Verhältnis der Trias von Philosophie, Kunst und Religion innerhalb seines Philosophiesystems behandelt. In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, warum für Hegel Rumi am geeignetsten war, um ihn in der genannten Verhältnisbestimmung nützlich einzusetzen. Die Suche nach der behaupteten Nützlichkeit dieses Zitats in der EPW führt zu Hegels Berliner ÄV.

Es wird eine Unterscheidung zwischen dem Wissen an sich und den Bedingungen des Wissens und der Erfahrung gemacht. Diese Unterscheidung sollte für den Philosophen des Absoluten Geistes vor, während und nach der Lektüre einer "fremden" Poesie mit anschließendem Zitat in seiner EPW ein vertrautes Thema sein. Im Jahr 2020 wurde anläßlich des 250. Geburtstags von Hegel an der Universität Berlin über seine "Ästhetik" diskutiert. Es wurde behauptet, dass die symbolische Kunstform mit Bezug auf den "Orient" im Rahmen Hegels Konzepte der "symbolischen" (orientalischen), "klassischen" (griechisch-römischen) und "romantischen" (modernen) Kunstform, nicht mehr als eine "Vorkunst" gewesen sei.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird aus einer interkulturellen Perspektive eine kritische, textnahe Analyse der ÄV durchgeführt, um ein neues Licht auf eurozentrische Forschung in den gegenwärtigen Kulturwissenschaften zu werfen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die neu erschienenen Nachschriften der ÄV Hegels, insbesondere die letzten beiden ÄV mit zahlreichen Zitaten von Hafis und Rumi (ÄV: 1826 veröffentlicht 2004; ÄV 1828/29 veröffentlicht 2017). Gefragt wird:

- Wie hat Hegel die Poesie von Hafis und Rumi als Gegenstand seiner ÄV rezipiert?

- Warum zitiert Hegel in der EPW im Kontext seiner ÄV mehrere Verse von Rumi in einer Fußnote?

- Wie behandeln die Gelehrten der "PDF-Republik" eine intellektuelle Begegnung zwischen Philosophie und Poesie im Zeitalter der "Brodgelehrten" (Schiller) um 1800?


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