Alexandra von Teuffenbach (Hrsg.),

Heribert Schauf

Tagebuch zum zweiten Vatikanischen Konzil (1960-1965)

mit Dokumenten aus dem Apostolischen Archiv im Vatikan

Rezension


Bereits im Pontifikat von Papst Pius XII. (1939-1958) gab es Pläne für ein Konzil. Erst Johannes XXIII. (1958-1963) berief für viele überraschend das II. Vatikanische Konzil ein, das sein Nachfolger Paul VI. (1963-1978) zu Ende führte. Johannes XXIII., selbst ausgewiesener Konzilsgeschichtler, beauftragte eine Commissio antepraeparatoria mit den ersten Vorbereitungen, worauf dann im Jahr 1960 die Einrichtung einer Theologischen Vorbereitungskommission folgte. Deren Mitglieder wurden nicht zuletzt auf den Rat hin ernannt, den Konsultoren des Hl. Offiziums gegeben hatten. Zu ihnen gehörte auch, nicht zuletzt auf die Fürsprache seines Doktorvaters Sebastian Tromp hin, Heribert Schauf (1910-1988), der auf Erfahrungen mit der Erforschung von Theologie und Umfeld des I. Vatikanischen Konzils (1869/70) verweisen konnte.

Sein Tagebuch ist, anders als das geradezu bürokratisch wirkende Gegenstück seines Förderers Sebastian Tromp, "von seiner Persönlichkeit und seiner Sichtweise durchdrungen" und "mit der Intention [geschrieben], dass der Text für die Nachwelt von Interesse sein könnte" (S. 146). Darin liegt freilich auch sein Reiz für die Konzilsforschung, die, wie die Herausgeberin Alexandra von Teuffenbach zu recht angibt, auf eine Vielzahl von Perspektiven angewiesen ist. Dass das Tagebuch in kurzem Abstand gleich zweimal veröffentlicht wird, stellt freilich ein Unikum dar (vgl. die Rezension in diesem Zeitschriftenband zu: Dominik Burkard / Joachim Bürkle [Hgg.], Konzil in der Perspektive. Heribert Schauf und sein Tagebuch zum II. Vatikanum [1960-1965], Münster 2022). Gegenüber der letztgenannten Edition liegt die Besonderheit der vorliegenden Veröffentlichung im zusätzlichen Material, das diese bereitstellt. Dies betrifft neben einigen Briefen, die Tromp und Schauf wechselten, Dokumente aus dem Apostolischen Archiv. Exemplarisch sei auf das zuerst genannte Dokument "Constitutionis de Ecclesia Pars: de episcopis (residentialibus) (Illmi D.H. Schauf) (red. 2a)" verwiesen (S.47f.). Der Text zu dem Schauf den ersten Entwurf erstellt hat, enthält Teuffenbach zufolge "in nuce jene Lehre über das Bischofskollegium, die während des Konzils zentral werden wird" (S.48). Dass "die Konzilstexte auch ein Ergebnis einer selten gekannten Zusammenarbeit zwischen Theologen und Konzilsvätern" (S.49) waren, wird von der Herausgeberin in einer hermeneutischen bedeutsamen Reflexion vermerkt, ebenso wichtig ist freilich der Hinweis, dass Schaufs Beitrag hervorhebenswert ist. Weitere vier Texte aus dem Apostolischen Archiv dokumentieren den Einsatz Schaufs für seine diesbezügliche Positionen im weiteren Verlauf der Redaktionsgeschichte der Kirchenkonstitution.

Insgesamt sind der Tagebuchedition 49 Archivmaterialien - Textentwürfe, Stellungnahmen, Gutachten - beigefügt, die aus Schaufs Arbeit für das Konzil hervorgegangen sind. Thematisch ging es dabei um ekklesiologische Themen wie Kirchengliedschaft, Laien, Lehramt oder Ökumene, aber auch um Offenbarungstheologie (Schrift und Tradition) und Moraltheologie (Ehelehre). Teuffenbach belässt es hier bei kurzen Einleitungen in die thematisch sortierten Archivalien, die dennoch für die Konzilsforschung von großem Interesse sind. In diesem Sinn ist auch ihre ausführliche Hinführung (S.15-145) hilfreich, insofern diese eine Art theologische Synthese der Schauf'schen Konzilsaktivitäten einerseits enthält und damit andererseits hermaneutische Akzente in die Diskussion einbringt. Auch das Tagebuch selbst ist in diesem Sinn sehr aufschlussreich, wenn es gilt, die Wahrnehmung derer nachzuvollziehen, die aus der Position einer dominierenden Theologie heraus lernen mussten, mit einer zunehmend anders orientierten Mehrheitsmeinung und -dynamik umzugehen.

Im Vergleich mit der Edition von Burkard und Bürkle fallen lediglich Kleinigkeiten auf, etwa hinsichtlich der von Schauf selbst eingefügten Anmerkungen, die Teuffenbach in Anführungszeichen und wörtlich, Burkard und Bürkle mitunter paraphrasierend aufführen. Ein Namensregister (S.429-489), das zu jedem Eintrag auch ein kurzes Biogramm bereithält, rundet die Edition ab.

Michael Quisinsky, Freiburg i.Br.


Copyright © 2021 by Verlag Traugott Bautz