Alexandra von Teuffenbach (Hrsg.),

Heribert Schauf

Tagebuch zum zweiten Vatikanischen Konzil (1960-1965)

mit Dokumenten aus dem Apostolischen Archiv im Vatikan

Rezension


Das vorliegende Konzilstagebuch von Heribert Schauf (1910–1988), herausgegeben von der Theologin und Kirchenhistorikerin Dr. Alexandra von Teuffenbach, ist eine weitere Bereicherung für die Erforschung der Vorbereitung und des Verlaufs des Zweiten Vatikanums, dessen 60jähriges Eröffnungsjubiläum wir in diesem Jahr begehen. Die Autorin hat sich seit Jahren mit der Herausgabe von Konzilstagebüchern einen Namen gemacht. So publiziert sie seit 2006 das Konzilstagebuch des holländischen Jesuiten Sebastian Tromp (1889–1975). Bis jetzt sind bereits 3 Bände in 6 Halbbänden erschienen und zwei weitere Bände in vier Halbbänden sind in Vorbereitung. Zwischen diesen Veröffentlichungen erschien ein Aufsatz mit den Tagebuchaufzeichnungen des Jesuiten Franz Hürth aus der Zeit der Konzilsvorbereitung (Il “diario conciliare” di Franz Hürth SJ, in: AHC 42 [2010] 317–350), und nun macht sie auch das Konzilstagebuch von Heribert Schauf zugänglich. Da Schauf ein Student an der Gregoriana, Doktorand Tromps und während des Konzils ein indirekter Mitarbeiter des Jesuitentheologen war, ist zu erwarten, dass das Tagebuch sowohl den Geist als auch den Ductus Tromps und der “römischen Schule” widerspiegelt. Tromp war Professor für Fundamentaltheologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana und tat sich in Rom als ausgezeichneter Systematiker, enger Papstberater und Mitverfasser der Enzyklika Mystici corporis von Pius XII. hervor. Schauf seinerseits, obwohl ein selbständiger Denker und Theologe, wurde in der Öffentlichkeit oft als “rechte Hand Tromps” wahrgenommen. In der polarisierenden Atmosphäre der Nachkonzilszeit wurden beide als “Erzkonservative” abgestempelt.

Wer sich mit der Geschichte der Konzilien beschäftigt, weiß wohl, dass ein Konzil nicht vom Himmel fällt. So war es mit allen Konzilen in der Geschichte und das Zweite Vatikanum ist diesbezüglich keine Ausnahme. Während Papst Pius XI. an ein Konzil als eine Fortsetzung des Ersten Vatikanums dachte, plante Pius XII. zu Beginn der fünfziger Jahre des 20. Jhds un nuovo progetto di concilio, ein neues Konzilsprojekt. Deshalb kam die Ankündigung des Zweiten Vatikanums durch Johannes XXIII. am 25. Januar 1959 für die Kenner der Kurie in Rom und für die Eingeweihten an den katholischen Universitäten weltweit nicht sonderlich überraschend. Fast jeder Konzilsteilnehmer, sowohl der Konzilsvater als auch der Konzilsberater oder Peritus, hat auf seine Art Spuren im Konzil hinterlassen. Manche sind weiter gegangen. Ihr Wirken und ihre Erlebnisse am Konzil haben sie in Form von Erinnerungen oder Tagebüchern den nächsten Generationen überlassen. Während in Europa schon mehrere, für die Forschung bedeutsame Konzilstagebücher publiziert worden sind (etwa die der [Erz-]Bischöfe André-Marie Charue, Neophitos Edelby, Pericle Felici und Enrico Nicodemo sowie der Periti Yves-Marie Congar, Marie-Dominique Chenu, Henri du Lubac SJ und Albert Prignon), wurden zugleich relativ wenige deutschsprachige Tagebücher veröffentlicht (etwa von Kardinal Julius Döpfner und Bischof Franz Zak sowie vom Peritus Franz Hürth SJ [s.o.], während die Veröffentlichung der Tagebücher von Kardinal Hermann Volk [angekündigt von Hubertus Hell] und dem Konzilsperitus Otto Semmelroth SJ [angekündigt von Günter Wassilowsky] bevorstehen und andere noch der Erschließung harren [die Aufzeichnungen der Kardinäle Joseph Frings und Alfred Bengsch sowie von Bischof Carl Joseph Leiprecht]). Seit Dezember 2021 hat sich zu diesen Quellen zum Konzil auch das Konzilstagebuch von Heribert Schauf gesellt, das zweifellos eine wichtige Quelle für die Erforschung der deutschen theologischen Position am Zweiten Vatikanum darstellt.

Heribert Schauf, Priester der Diözese Aachen, studierte in Rom an der Päpstlichen Universität Gregoriana als Germaniker sieben Jahre Philosophie und Theologie und promovierte, wie es damals üblich war, in beiden Fächern. In Rom wurde er auch im Oktober 1935 zum Priester geweiht. In den Vor- und Kriegsjahren wirkte er pastoral an verschiedenen Seelsorgestellen seiner Diözese. Darüber hinaus hatte er in den Kriegsjahren eine zusätzliche Promotion an der Theologischen Fakultät der Universität Münster über das Thema “Die Einwohnung des Heiligen Geistes” angestrebt und am 31. Juli 1941 erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Krieg wurde Schauf zum Professor für Kirchenrecht am Priesterseminar, zum Ehebundverteidiger (Defensor vinculi) am Bischöflichen Offizialat, zum Subregens am Priesterseminar in Aachen (1950–1969) und zum Professor für Dogmatik am Priesterseminar in Lantershofen (1976–1986) berufen. Auf Vorschlag des Aachener Bischofs Johannes Pohlschneider wurde er am 12. Juli 1960, wie viele andere deutsche, europäische und amerikanische Theologen, von Kardinalstaatssekretär Tardini zum Konsultor der Vorbereitenden Theologischen Kommission des Zweiten Vatikanums ernannt. Von seiner Ernennung erfuhr er, noch bevor die offizielle Post aus Rom eingetroffen war, am 20.7.1960 aus der lokalen Presse, was ihn dazu bewegte, an diesem Tag mit der Führung seines Konzilstagebuches zu beginnen (S. 153–156). Schaufs Konzilstagebuch besteht aus zwei Teilen: I. Die Zeit der Vorbereitung (S. 153–229) die bei Schauf bis Ende September 1962 dauert und II. Die Zeit des Konzils (S. 230–428) die mit der feierlichen Eröffnung am 11. Oktober 1962 begann und am 8. Dezember 1965 abgeschlossen wurde.

Nach dem Ende der Vorbereitungszeit wurde Schauf zum persönlichen Berater des Aachener Bischofes Pohlschneider und gegen Ende September 1962 von Johannes XXIII. auch zum Konzilsperitus ernannt (S. 228).

Was war nach Schaufs Meinung der Zweck dieses Konzilstagebuchs? Darauf antwortet er am 20. Juli 1960 selbst und unterstreicht, der vorrangige Zweck seiner Aufzeichnungen seien “eine getreue Wiedergabe der Ereignisse und Besprechungen” und “eine nüchterne Beschreibung der eventa, der Tatsachen”. Außerdem ging es dem Peritus darum, “die Eindrücke, die Ereignisse, Gespräche, Diskussionen usw. bei ihm und bei den anderen hervorgerufen haben” wiederzugeben (S. 155). Schaufs Konzilsbeitrag ist beachtlich, wie dem Tagebuch, aber besonders der guten und umfangreichen kommentierenden Einführung der Herausgeberin zu entnehmen ist (S. 15–145).

Nach einem Vorwort und einer kurzen Einleitung präsentiert die mit den Archiven sehr vertraute Herausgeberin in zwei Kapiteln nicht nur die Vorbereitung und den Ablauf des Konzils (S. 15–37), sondern auch den persönlichen Beitrag von Schauf zum Konzilsgeschehen (S. 39–145). Im I. Kapitel stellt sie vor allem den technischen Ablauf des Konzils dar, von seiner Ankündigung im Januar 1959 bis zur Schließung am 8. Dezember 1965. Der wichtigste Punkt der Vorvorbereitungszeit sei die Entscheidung gewesen, den gesamten Episkopat der Kirche zu befragen, welche Themen für die zukünftige Synode wichtig seien. Die Umfragen erfolgten auch an den kirchlichen Hochschulen, während die staatlichen Hochschulen nicht berücksichtigt wurden.

Aus der Konzilszeit selbst ist interessant zu erwähnen, dass neben den Versammlungen in der Aula auch Treffen und Versammlungen der Konzilsväter auf der nationalen oder internationalen Ebene stattfanden, die oft kirchenpolitische Interessengemeinschaften darstellten. Darunter sind unter anderem die Versammlungen des Coetus internationalis Patrum, einer losen Vereinigung der traditionell orientierten Bischöfe, und die Treffen des deutschsprachigen Episkopats (Deutschland, Österreich und Schweiz) im Bibliotheksaal des Anima-Kollegs zu erwähnen. Von einem solchen Treffen in der “Anima” am 28. September 1964 berichtet Schauf: Zwei Weihbischöfe (titulares), Stein von Trier und Schick von Fulda, hatten einen Vorschlag eingereicht, dass auch die Weihbischöfe ein votum deliberativum (Beschlussstimme) auf den Bischofskonferenzen haben sollten. Der Vorschlag wiederlief Schaufs Vorstellungen, da er die Gefahr sah, in Deutschland könnten die Weihbischöfe (titulares), die zahlreicher waren als die Ordinarien, bestimmen, was die Ordinarien (residentiales) zu tun hätten (S. 337). Es ist auch interessant zu erfahren, dass beim gleichem Treffen, eine “Manipulation” der Präsenzliste der deutschen Bischöfe durch Kardinal Döpfner vorgenommen wurde (S. 337–338). Schauf fragt sich, als er es erfuhr: “Soll es denn wirklich wahr sein, dass die Bischöfe, da sie nicht mehr den Glauben und die Lehren ihrer Kirche bezeugen, zu den Papageien ihrer Theologen werden? Dieses harte Wort läuft ja in vielen Kreisen um” (S. 338). Etwas ähnliches ist nach Schauf in der Konzilsaula am 1. Oktober 1964 geschehen, als Döpfner im Namen der 70 deutschsprachigen Bischöfe sprach, obwohl nicht alle beim Animatreffen anwesend waren (S. 340). Schon früher, in der Versammlung der deutschen Bischöfe am 15. September 1964, war auch Schauf anwesend. In der Versammlung wurde De sacramentalitate ordinis episcoporum und De collegialitate diskutiert. Seine Beschreibung des Treffens ist ein Bild der internen Disharmonie und des affectus antiromanus eines Teiles des deutschen Episkopats (S. 330–331).

Der wichtigste Beitrag Schaufs für das Konzil, sowohl in der Vorbereitungszeit als auch während des Konzils, sind seine Eingaben zum Schema De ecclesia, das spätere Dokument Lumen Gentium - Die Konstitution über die Kirche, besonders sein Entwurf über die residierenden Bischöfe (De episcopis residentialibus), an dem er immer wieder lange und gründlich gearbeitet und gegen die Position der Rahner-Ratzinger Gruppe gekämpft hatte (S. 42-57). Dazu kamen die neuen Entwürfe und Eingaben über die Natur der Kirche und ihre Mitglieder (S. 58–67), über die Formen des evangelischen Lebens und über die Laien (S. 67–74). Während des Konzils folgten die Eingaben oder Anmerkungen über kirchliches Lehramt, Autorität und Gehorsam in der Kirche (S. 77–89), über die Beziehung zwischen Kirche und Staat und die Ökumene (S. 89–99) sowie über die Selige Jungfrau Maria, über die er allerdings keine Anmerkungen machte (S. 99). Es folgte das Schema über göttliche Offenbarung, Schrift und Tradition (Dei Verbum), über das Schauf einige Voten sowohl in der Vorbereitungs- als auch in der Konzilszeit abgab (S. 100–112). Schauf legte außerdem Eingaben zu Themen der Moral und Sozialmoral vor (S. 113–135). Zum Schluss präsentierte Schauf auch seine Vota zu dem dann abgesetztem Schema De deposito fidei (S. 135–142) und zum sehr lang diskutierten Dokument De Libertate religiosa, späterer Dignitatis humanae bzw. Erklärung über die Religionsfreiheit (S. 142–151). Alle diese Entwürfe und Eingaben hat die Herausgeberin mit Dokumenten aus dem Archivio Apostolico Vaticano belegt und in dieser Veröffentlichung den Lesern zugänglich gemacht, was neben dem Tagebuch selbst, einen zweiten, bedeutsamen Aspekt dieser Veröffentlichung darstellt, durch den nicht nur die Persönlichkeit Schaufs und seine sehr breite theologische Bildung illustriert wird, sondern dem Leser auch interne Vorgänge in der Vorbereitungs- wie in der Konzilszeit (1960-1965) vermittelt werden.

Schauf war ein klardenkender und geradliniger Theologe und Prälat mit römischer Ausbildung der dreißiger Jahren des 20. Jhds. Er war beeinflusst von der neuscholastischen Theologie der “Römischen Schule” und seiner römischen Professoren und Kollegen. Damit war er nicht und konnte keinesfalls ein Anhänger der “Nouvelle Theologie” werden. Trotz seiner Tätigkeit als Professor im Priesterseminar Aachen, des Amtes des Subregens dort sowie der Arbeit im Offizialat als Ehebandverteidiger –durchweg wichtige diözesane Ämter–, gelang es ihm nicht, einen intensiveren gedanklichen und theologischen Austausch mit anderen Professoren an den kirchlichen und staatlichen Hochschulen in Deutschland zu pflegen und sich dem neuen kirchlichen und theologischen Prozess anzuschließen. Er blieb und fühlte sich eher bei den konservativen Strömungen der prä- und postkonziliaren Theologie in Deutschland zuhause. Deshalb hat er auch in Rom während der Vorbereitungszeit und der vier Sessionen kaum an den Treffen der anderen deutschsprachigen Periti teilgenommen, vor allem nicht mit denen, mit deren Ansichten er nicht einverstanden war. Ihm gefielen die anfänglichen Versuche der Rahner-Ratzinger Gruppe nicht, die ausgearbeiteten Schemata der Vorbereitungskommission durch ihre eigenen, schnell geschriebenen Schemata zu ersetzen (S. 37). Trotzdem zeigte sich Schauf später nicht als nachtragend und setzte sich für die Berufung Rahners, der seine Probleme mit der Heiligen Offizium hatte, in die Vorbereitungskommission ein und argumentierte dabei: “Wenn Congar und de Lubac dabei seien, warum nicht Rahner”? (S. 186). Trotz des Austauschs zwischen Tromp und Ottaviani gelang Schauf das Vorhaben aber nicht ohne Weiteres (S. 189). Die Causa Rahner war Schaufs Schilderung nach zu einem Politikum geworden, für die sich nicht nur die liberalen deutschen Professoren von der Gregoriana und Kardinal Döpfner interessierten, sondern auch der Botschaftsrat an der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl, Josef Höfer, Freund von Rahner und Mitherausgeber der zweiten Auflage des LThK (1957–1967), der sich sehr stark für Rahner einsetzte. Rahner wurde schließlich 1961 als Konsultor in die Vorbereitungskommission für die Disziplin der Sakramente berufen und am 24. September 1962 zum Konzilsperitus ernannt. Neben Rahner, Ratzinger und Döpfner hatte Schauf auch Meinungsverschiedenheiten mit dem Tübinger Professor Hans Küng. So berichtet er am 21. September 1964, wie Küng eine Habilitation in Tübingen, die von der Mehrheit der Fakultät angenommen worden war, bekämpft habe und an die deutschen Fakultäten geschrieben und mitgeteilt habe, dass die Arbeit wissenschaftlich minderwertig sei (S. 333). Drei Tage später berichtet er, Küng sei bezüglich der Suffizienz der Schrift (sufficientia sacrae Scripturae), im Schema De Revelatione “ganz radikal gewesen”, während er selbst eine schriftliche Eingabe De insufficientia abgegeben habe (S. 335). Als das Schema De ecclesia als Lumen gentium mit nur 10 Gegenstimmen am 19. November endlich durchkam, und zwar dank der Nota explicativa (Erläuternden Bemerkung) Pauls VI., gab es Schauf zufolge viel Aufregung im linken Flügel der Konzilsperiti. So war Ratzinger besorgt, dass die Kollegialgewalt des Magisterium ordinarium durch die Nota explicativa verneint werde, während Küng fast gleichzeitig “in der Frankfurter einen schillernden Artikel” gegen die Nota veröffentlicht habe (S. 362, 365–366).

Schaufs Tagebuch wirft neues Licht auf Papst Pius XII., indem es Aussagen von Professor Leiber, eines engen Vertrauten des Papstes, der auch Dozent des Studenten Schauf war, zitiert: “Er scheint ihn nicht für einen Heiligen zu halten, ist eher im Gegenteil von einigen Fehlern stark beeindruckt. Er, Leiber, habe einmal darauf hingewiesen, dass der Papst nicht Fachreden über fremde Disziplinen halten solle, sei aber damit nicht angekommen. Man sei in Rom über das verbreitete Bildchen mit dem Gebet ‘Vorbild aller Tugenden’ sehr verstimmt. Pius sei schon ein bedeutender Papst, aber ob man den Pontifikat nicht überschätzt habe?” (S. 173). An einer anderen Stelle bringt Schauf eine vor allem für die Theologen interessante Äußerung des Papstes. Anlässlich des Gedenkens an den 200-jährigen Todestag Benedikts XIV. (3.5.1758–3.5.1958), habe Papst Pius XII. in seiner Rede erwähnt, “dass Benedikt XIV. gewollt und verfügt habe, dass jeder vor der Indizierung zu hören sei. Daraus habe der Osservatore gemacht, dass das Buch vorher gelesen werden müsse. Also eine offenbar und sehr zu bedauernde unverantwortliche Änderung” (S. 199). P. Leiber musste es besser wissen, da er für Pacellis Reden zu kirchengeschichtlichen Themen zuständig war. Darüber hinaus kritisierte Leiber auch die Wahl und den Einfluss des Papstarztes Galeazzi-Lisi, der sich nach Pius' Tod als Profiteur erwiesen hatte. Zugleich gefiel ihm bei Pius XII. “ein gewisses Zur-Schau-Stellen bestimmter Haltungen. Dann eine gewisse Lahmlegung der Kongregationen dadurch, dass es viele Wege nach oben gegeben habe, auch da, wo es nicht nötig gewesen sei” (S. 179–180).

Als er schon wieder zu Hause in Aachen war, am 19. Dezember 1965, zitierte Schauf aus einem Brief von Sebastian Tromp: “Ich habe einerseits gehört, dass gewisse Personen sagen, die Schlacht sei bis jetzt verloren, aber werde nach dem Konzil gewonnen. Anderseits der Papst habe dem Maritain gesagt er sei sehr besorgt über die religiöse Lage in re fidei” (S. 427). Seine eigene Überlegung über die Worte Tromps und des Papstes sowie über das Konzil als auch seine Sorge über die Zukunft der Kirche fasst Schauf als Resümee des Konzils am Ende seines Tagebuchs zusammen: “Mit diesen Worten, die in gewisser Hinsicht als Fazit des Konzils angesehen werden können, möchte ich das Tagebuch schließen. Die Sorge besteht zu Recht. Das Konzil ist, wie diese Gegenseite zugibt, im Sinne der sog. Konservativen verlaufen, was die dogmatischen Fragen und Aussagen angeht: De Revelatione, De Ecclesia et Episcopatu, de matrimonio, De bello et Pace etc. Aber was bringt die Zukunft? Gott gebe dem Papst Stärke und Kraft und die Fülle des Geistes” (S. 428).

Ein Tagebuch zu besprechen und zu präsentieren ist viel schwieriger als irgendein wissenschaftliches Buch, das sich mit einem bestimmten Thema beschäftigt. Die Amtssprache des Konzil war lateinisch. Deshalb hat Schauf, der diese Sprache gut beherrschte, im Konzilstagebuch neben zahlreichen lateinischen Zitaten und Titeln seinen Lesern auch eine Menge lateinischer Fachausdrücke, wie z. B. Kommissionen, Subkommissionen und Konstitutionen, Orden, Schema, Schemata und Voten, hinterlassen, weil sie in seiner Welt und seinem Denken eine Selbstverständlichkeit waren. Trotzdem lässt sich das Konzilsbuch von Schauf gut und ohne Anstrengung lesen. Es ist, wie die Herausgeberin im Vorwort sagt, ein Einblick in den Ablauf des Konzils, geschrieben wie gelebt, “von einer anderen Seite als der des Mainstreams der letzten Jahrzehnte”, ein Einblick auch in die Toleranz und den Pluralismus, die fast alle am Zweiten Vatikanum, trotz der internen Spannungen und Konfrontationen, finden, vertreten und erleben durften. Im Großen und Kleinem ist Schauf seinem am Anfang verfasstem Ziel treu geblieben: “eine getreue Wiedergabe der Ereignisse und Besprechungen” und “eine nüchterne Beschreibung der eventa, der Tatsachen” wiederzugeben.

Die Herausgeberin hat ein sehr übersichtliches und umfangreiches Personenregister (Namensverzeichnis mit Kurzbiografie) verfasst, in dem einige Namen nicht vervollständigt wurden, wahrscheinlich wegen der noch nicht vorhanden Angaben in der heute zugänglichen Literatur. Bei einem so sehr vielschichtigen Werk wäre auch ein Orts- und Sachregister von großem Nutzen gewesen. Dem Traugott Bautz-Verlag gebührt Anerkennung für diese weitere Tagebuchveröffentlichung, die die Forschung zum II. Vatikanischen Konzil auf eine breitere Basis stellt.

Petar Vrankic, Augsburg


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