Jahrbuch des Denkens

Zeitschrift der deutschen Kultur

Depressive Gesellschaft

Nr. 4—2020, 4. Jahrgang

Abstract / Rezension


Aus der Einleitung

Im Raume steht, dass unsere Gesellschaft eine depressive ist, warum eigentlich? Wir leben doch in Saus und Braus, wir haben alles, was das Herz begehrt. Wir können uns jederzeit auf den Weg in eine Kneipe machen und das Getränk unserer Wahl genießen. Wir dürfen unser Leben so gestalten, wie wir möchten, unseren sexuellen Neigungen so nachgehen, wie wir es wollen. Immer und überall können wir ›uneingeschränkt‹ unsere Meinung sagen. Werden wir arbeitslos, erhalten wir in letzter Instanz soziale Leistungen. Man könnte meinen, dass wir im Schlaraffenland leben. Eine ›Spaßgesellschaft‹, wie Peter Scholl-Latour (1924-2014) sie treffend bezeichnet hat. Aller Vermutung nach sind wir völlig frei und leben doch in einem Gehege, in dessen Rahmen angeblich alles erlaubt ist. So betrachtet, genießen wir alle möglichen und machbaren ›Gehegefreiheiten‹, die uns offenbar derart von unserem Wesen entfremdet haben, dass wir nur noch als entindividualisiert gelten können. Wir könnten annehmen, dass wir unser Leben in einem ›Irrenhaus der Freiheit‹ gestalten und genießen.


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