Irmgard Gehle

Der Benediktiner Ansgar Pöllmann unterwegs

aus dem Kloster in die Welt der Kunst und Literatur

auf der Suche nach schöner Dichtung,

nach hieratischer Kunst, nach Kolportage – bei Karl May

Rezension


"Der Benediktiner Ansgar Pöllmann unterwegs aus dem Kloster in die Welt der Kunst und Literatur auf der Suche nach schöner Dichtung nach hieratischer Kunst nach Kolportage - bei Karl May."

Doch wie trifft dieses auf den Benediktiner Ansgar Pöllmann zu? Einem der schärfsten Gegner und Kritikers Karl Mays? Wird gesucht oder wird etwas gefunden? Was suchte Pöllmann dort und was glaubte er zu finden? Was veranlasste ihn, eine Sammelwut zu entwickeln, die es ihm ermöglichte, einen großen Materialfundus über Karl May zu beschaffen?

Das Konvolut hat sich erhalten und ist Teil des Bestandes "Nachlass P. Ansgar Pöllmann". Es besteht aus insgesamt 16 Einzelakten und zwei gebundenen Materialsammlungen (Briefe, Berichte u.a.).

Woher kam Pöllmanns ablehnende Einstellung zu May, die manchmal hassähnliche Züge annahm? Sind die bisherigen negativen Urteile gegenüber Pöllmann in der May-Forschung gerechtfertigt? War Pölimann wirklich ein Gegner Karl Mays oder nur ein enttäuschter und frustrierter Karl-May-Leser, der sich einem Wolf im Schafspelz gegenüber sah?

Pöllmanns Beweggründe versucht die Biografin Irmgard Gehle zu erläutern. Sie vermittelt ein vielschichtigeres Bild von Pöllmann, als es die bisherige May-Forschung zeigte. Diese bezog sich nahezu, aus nachvollziehbaren Gründen, auf seine Aktivitäten in Zusammenhang mit May. Er war daneben aber auch Schriftsteller, Dichter, Redakteur, Kunstexperte und Literaturkritiker.

Die Lektüre des Buches von Irmgard Gehle vermittelt uns ein umfassendes Bild des Lebens von Pater Ansgar Pöllmann, geboren am 21.9.1871 in Hachingen. Nachdem Pöllmann 1893 ohne Reifzeugnis das Gymnasium verließ, legte er 1894 in Beuron das Gelübde der "Conversio" ab und trat noch im gleichen Jahr ins Kloster ein. 1895 wurde Pöllmann als Frater Ansgar in das kanonische Noviziat aufgenommen, legte im Jahre darauf die einfachen Gelübde ab. Anschließend studierte er Philosophie und Theologie und erhielt 1898 die Priesterweihe, er starb am 20. Juni 1933.

Gehle berichtet ausführlich über Pöllmanns Leben, über seine Neuorientierung nach dem Kulturkampf im Literaturstreit für Presse und katholische Literatur, seine Übersetzungen mittelalterlicher Bühnenstücke, sein Kunstinteresse und über Pöllmanns Kritik an der "nichtkatholischen" Literatur, insbesondere über die Auseinandersetzung mit Karl May. Pöl1mann war Dichter und Schriftsteller sowie Herausgeber der Zeitschrift "Gottesminne. Monatsschrift für religiöse Dichtkunst". Artikel über Karl May veröffentlichte er u. a. in "Über den Wassern" und "Die Bücherwelt".

Die Auseinandersetzung Pöllmanns mit May wird von Gehle insbesondere auf den Seiten 161 bis 229 behandelt. Man liest dort über Hans Rost, Lorenz Krapp, Paul Rentschka, Ferdinand Avenarius, Stephan Hock, Fedor Mamroth, Hermann Cardauns usw sowie uber die Ausweitung des Streites Mays mit Pöllmann auf Presse und Kloster. Beleidigungsklagen gegen Pöllmann und Prozesse stellen den Höhepunkt, dieser Auseinandersetzung dar. Pater Pöllmann musste letztendlich seine Versuche gegen May vorzugehen auf Intervention seines Vorgesetzten Ildephons Schober aufgeben.

Gehle gelingt es, Pöllmanns Leben als Gesamtbild darzustellen und den Schwerpunkt auf seine nicht May-bezogenen Tätigkeiten zu legen. Ein vielseitiges Bild wird in diesem Buch über den Frater Ansgar Pöllmann gezeichnet: Interesse am Verfassen von Gedichten und an der Volksbühne, an Kunst und Literatur einschließlich einem Kunststudium zwischen 1903-1907.

Der Band von Irmgard Gehle beschreibt ein differenziertes Bild seiner Persönlichkeit. Trotz alledem bleibt er in seiner Vielfältigkeit widersprüchlich. Möge der geneigte Leser sich selber ein Bild machen von einer Persönlichkeit, die wahrscheinlich in Vergessenheit geraten wäre, wenn ein gewisser Karl May und dessen Persönlichkeit nicht auf Pöllmann ausgestrahlt und diesen zu umfassender Beschäftigung angeregt hätten.

Fazit: Auch für die May-Forschung von Interesse, beleuchtet dieser Band von Irmgard Gehle doch Pöllmanns gesamtes Leben und Werk und nicht nur den Aspekt "Karl May".

Günther Wüste


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