Matthias Roser

"Schöpfungswissenschaft" an evangelikalen Bekenntnisschulen

Eine religionspädagogische Analyse

Wissenschaftlicher Artikel


Evangelikale Privatschulen

Auch die evangelikalen Privatschulen werden weitgehend auf den Kreationismus bzw. Schöpfungsforschung reduziert (341), mit dem Vorwurf, dass man sich nicht an die Rahmenrichtlinien halte. An zahlreichen Orten wurden die aufsichtsführenden Schulbehörden aktiviert, in keinem Fall hat das bisher zu einem negativen Ergebnis geführt. Jedes Mal wurde festgestellt, dass die Evolutionslehre korrekt und umfangreich im Biologieunterricht gelehrt und geprüft wird. Die Kritik der Evolutionstheorie erfolgt, wenn überhaupt, dan zusätzlich und über den Lehrplan hinaus, in den meisten Fällen sogar nur im Rahmen des Religionsunterrichts. Matthias Roser ('Schöpfungswissenschaft' an evangelikalen Bekenntnisschulen: Eine religionspädagogische Analyse. Dissertation: Münster, 2017, Verlag Traugott Bautz: Nordhausen, 2018) hat detailliert und ausgesprochen kritisch nachgezeichnet, welche Positionen die evangelikalen Privatschulen vertreten und warum die vor allem eine Frage des Religionsunterrichts ist. Er differenziert auch deutlich zwischen von russlanddeutschen Christen betriebenen Schulen und anderen evangelikalen Schulen. Warum kann man solche Forschung nicht einfach im Handbuch übersichtlich zusammenfassen?

Von einem "Kulturkampf des evangelikalen Lagers" (341) zu sprechen, scheint mir nicht mehr Wunsch als Wirklichkeit zu sein, da sich die Schulen an die Rahmenrichtlinien halten und nur Zusätzliches unterrichten und nur einzelne Fächer davon betroffen sind - und das viel weniger umfangreich als andere anerkannte Schulen, wie etwa die Waldorfschulen. Zumal der Autor hinzufügt: "Es gibt keine empirischen Daten über die Verbreitung evolutionskritischer Inhalte in deutschen Bekenntnisschulen und deren Rezeption durch die jungen Menschen." (341) Woran macht er dann den Kulturkampf fest? Die evangelikalen Schulen in Deutschland - weltweit kann ich das nicht ganz so gut überblicken - sind doch allesamt in ihren Kommunen gut integriert, werden in der Regel von den Kommunen und Kommunalpolitikern gefördert, sind häufig von deutschen Gerichten gestützt worden und meist gut mit anderen Schulen vor Ort vernetzt. Wo findet denn irgendwo vor Ort ein Kulturkampf statt? Wissenschaft müsste das belegen, nicht vermuten oder gar herbeireden. Keine mir bekannte wissenschaftliche Untersuchung zu evangelikalen Schulen in Deutschland sieht das Problem auf dieser Ebene.

Interessanter wäre doch die Frage, warum nichtevangelikale Eltern und Erziehungsberechtigte, die in vielen evangelikalen Privatschulen die Mehrheit der Eltern und Erziehungsberechtigten ausmachen, ihre Kinder dorthin schicken. Doch sicher nicht wegen des dort gelehrten Kreationismus.

Thomas Schirrmacher


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