Peter Gerdsen • Gesammelte Werke

Mensch und Transzendenz

Aufsätze zu Fragen der Zeit aus christlicher Sicht

Interviews zu Fragen der Zeit aus christlicher Sicht

herausgegeben und eingeleitet von Hamid Reza Yousefi

Band 9

Rezension


Seitdem Charles Percy Snow 1959 von den ›Zwei Kulturen‹ sprach, ist dieses Wort zu einem festen Begriff geworden. Die zwei Kulturen - das sind zwei Welten der Geisteswissenschaft und der Naturwissenschaft, zwischen denen sich eine Kluft gegenseitigen Nichtverstehens aufgetan hat. Ignoranz und Spezialisierung auf beiden Seiten haben sogar eine gewisse Feindseligkeit entstehen lassen, die sich unheilvoll auf das geistige Klima auswirkt. Mit Recht hält Snow diese Situation für politisch gefährlich, und zwar schon aus dem Grund, weil die Geisteswissenschaftler und Politiker nicht mehr darüber entscheiden können, ob die Ratschläge der Naturwissenschaftler richtig oder falsch sind. Nicht zufällig beschreibt Snow diesen Gegensatz, den er als sein eigenes Problem sehr lebendig darzustellen weiß, den er aber zugleich als das Problem des Westens erkennt; denn er selbst gehört als Physiker und Romancier von Rang beiden Welten an.

Diese Kluft zwischen zwei Kulturen ist heute noch den meisten Menschen bewusst, aber von ihrer Überwindung kann keine Rede sein. Umso größere Bedeutung kommt Wissenschaftlern zu, die in ihrem wissenschaftlichen Wirken eine Brücke bilden zwischen den zwei Kulturen der Geistes und der Naturwissenschaften. Zu ihnen gehört Peter Gerdsen, der über einen Zeitraum von über 50 Jahren kontinuierlich wissenschaftliche Veröffentlichungen gemacht hat und zwar, das ist das Besondere, in gleicher Weise sowohl auf naturwissenschaftlichen, als auch auf geisteswissen-schaftlichen Gebieten. So bildet Peter Gerdsen in seiner Person eine Brücke zwischen den beiden Kulturen, auf deren Auseinanderklaffen Charles Percy Snow aufmerksam gemacht hat.

In dieser Situation ist es ein besonderes Verdienst des Verlags Traugott Bautz, die ›Peter Gerdsen - Gesammelte Werke‹ in sein Verlagsprogramm übernommen zu haben. Besondere Würdigung verdient dabei Hamid Reza Yousefi, der das außerordentlich vielfältige Gesamtwerk in geschickter Weise zusammengestellt, eingeleitet und herausgegeben hat. In der ersten Abteilung der Gesammelten Werke werden unter dem Motto ›Mensch und Wissenschaft‹ in fünf Bänden die naturwissenschaftlichen Arbeiten zusammengestellt. Die zweite Abteilung enthält unter dem Motto ›Mensch und Transzendenz‹ in vier Bänden die geisteswissenschaftlichen Arbeiten.

I. Abteilung ›Mensch und Wissenschaft‹: In dieser Abteilung, die mit dem 1. Band eröffnet wird und der eine ausführliche Einleitung des Herausgebers vorangestellt ist, entfaltet sich das Wirken Peter Gerdsens in fünf Bänden auf dem Gebiet der Natur- und Ingenieurwissenschaften und umfasst die Phase der Industrietätigkeit und eine 30jährige Tätigkeit in Lehre und Forschung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die im ersten Band enthaltene ›Naturwissenschaftliche Anthropologie‹, die das geistige Fun-dament der ersten Abteilung erkennen lässt. Die Aufsätze und Bücher spiegeln die von mehreren Paradigmenwechseln geprägte Entwicklung der elektrischen Nachrichtentechnik von den Ausläufern der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart wider und dürften für Wissenschaftshistoriker eine Fundgrube sein.

Dieser 9. Band rückt besonders die christliche Weltsicht von Peter Gerdsen in den Vordergrund. Der erste Abschnitt enthält 15 Aufsätze zu Frage der Zeit aus christlicher Sicht. Betrachtet werden unter anderem Toleranz, Wissenschaft, Ehe und Familie sowie Sozialstaat im Lichte des Christentums. Im zweiten Abschnitt werden öffentliche Interviews wiedergegeben, die zwar aus aktuellem Anlass entstanden, aber von zeitloser Bedeutung sind. Insgesamt trägt dieser Band in besonderer Weist dem Motto der zweiten Abteilung ›Mensch und Transzendenz‹ Rechnung.
Wirft man einen Blick auf die ›Peter Gerdsen - Gesammelten Werk‹ in ihrer Gesamtheit, so entrollt sich eine Landschaft des geistigen Lebens in Deutschland über eine Spanne von 50 Jahren mit der Besonderheit, dass diese Landschaft sowohl die Naturwissenschaften als auch die Geisteswissenschaften umfasst. Dabei verdient der zweite Aspekt im Hinblick auf die kulturelle Kluft zwischen den Natur- und den Geisteswissenschaften, auf die Charles Percy Snow bereits 1959 hingewiesen hat, Aufmerksamkeit. Wie kann diese kulturelle Kluft, deren Gefahren nicht zu unterschätzen sind, überwunden werden? Durch Personen, die in ihrem wissenschaftlichen Wirken sowohl die Natur- als auch die Geisteswissenschaften umfassen und so durch ihr Denken einen Beitrag zur Überbrückung der kulturellen Kluft leisten. So ergibt sich eine ganze Reihe von Gründen, der ›Peter Gerdsen - Gesammelten Werke‹ eine weite Verbreitung zu wünschen.


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