Sebastian Tromp S.J.

KONZILSTAGEBUCH

mit Erläuterungen und Akten aus der Arbeit der Kommission für
Glauben und Sitten

II. VATIKANISCHES KONZIL

BAND III/1 und BAND III/2 (1963-1964)

Herausgegeben von Alexandra von Teuffenbach

Rezension


Mit diesem wiederum in zwei Teilbände unterteilten, nahezu zwölfhundert Seiten umfassenden dritten Band der Tagebücher und Dokumente zum Zweiten Vatikanischen Konzil des niederländischen, in Rom tätigen Jesuitentheologen Sebastian Tromp kann die Herausgeberin ihr ebenso löbliches wie schwieriges und daher leider nur gemächlich voranschreitendes Editionswerk fortsetzen. Zu Bedeutung und materialem Gehalt dieser Aufzeichnungen des Sekretärs der theologisch wichtigsten Konzilskommission insgesamt muss nicht erneut Stellung genommen werden (vgl. meine Rez. in: TThZ 122 [2013] 268-271). Diesmal werden die Jahre 1963/64 präsentiert, konzilsgeschichtlich gesprochen die Periode der zweiten Session und der anschließenden zweiten Intersessio. Inhaltlich sind damit vor allem der Abschluss der Liturgiekonstitution, die weiteren Debatten zur Ekklesiologie (samt ihren berühmt-berüchtigten Orientierungsabstimmungen zu besonders kontroversen Einzelfragen) und zum Ökumenismus sowie - in der Zeit zwischen der zweiten und dritten Session - die schwierige Wiederaufnahme des Offenbarungsthemas verbunden. Erneut ist Tromp ein bestens informierter und - trotz aller klaren eigenen Positionierung - weithin zuverlässiger Berichterstatter. Dies könnte etwa an seinen Zusammenfassungen der Reden in "aula" unmittelbar überprüft werden; ihr Abdruck (samt Übersetzung) macht einen erheblichen Teil des ersten Teilbandes aus. Aufgrund dieser Objektivität ist dies allerdings auch keine neue Einsichten vermittelnde Lektüre. Dies heißt jedoch nicht, dass bei ihm auch schon alles Interessante und Relevante aufzufinden wäre: So übergeht er - um ein für Mainz interessantes Beispiel zu nennen - bei der von Kardinal Tisserant konzilsöffentlich getadelten Verteilung von Flugblättern zum Mediendekret deren Inhalt und die beteiligten Personen (331); kurz darauf scheint er in der Rede des italienischen Bischofs Pangrazio den entscheidenden Punkt verpasst zu haben, der zur Formel von der "Hierarchie der Wahrheiten" führen sollte (333). Spannender wird es naturgemäß, wenn von Geschehnissen und Debatten berichtet wird, die sich hinter geschlossenen Türen abgespielt haben. Hierzu zählen wieder besonders die Sitzungen der "Kommission für Glauben und Sitten", wie die Herausgeberin dieses Organ gewiss zutreffend nennt, wenn auch die Beteiligten selbst dafür meist wechselnde Namen benutzten. Sichtbar wird erneut, hier vielleicht sogar noch stärker als in den vorangegangenen Bänden, dass die sogenannte Konzilsminderheit, der sich Tromp sicherlich insgesamt nahe fühlte, keineswegs eine geschlossene Gruppe bildete oder sich auch nur des überwiegenden Wohlwollens des Sekretärs aus dem Personal des Heiligen Offizium erfreute. Weder mit seinem (hier wie dort) Vorgesetzten, Kardinal Ottaviani, noch mit weiteren Vertretern scheint ihn ein engeres Vertrauensverhältnis verbunden zu haben. Besonders und mehrfach beklagt er, dass er nicht die wesentliche Rolle in der Beratung des Kommissionsvorsitzenden spielen konnte, wie dies dann zwischen der diesem etwas unglücklichen Duo zur Seite gegebenen neuen Konstellation aus der "squadra belga" (Bischof Charue von Namur und Peritus Gérard Philips aus Löwen) trefflich funktionierte. Dies konnte Tromp nicht anders denn als gezielte Entmachtung empfinden.

Nochmals interessanter gegenüber all diesen Texten, die das eigentliche Tagebuch bilden, sind auch hier wieder die im zweiten Teilband und - im Unterschied zum Tagebuch - auch diesmal wieder ohne deutsche Übersetzung beigegebenen Relationen, Protokolle, Briefe und sonstigen Dokumente aus demselben Zeitraum. Sie stammen zwar mehrheitlich, aber keineswegs ausschließlich aus Tromps Feder. Gerade im Vergleich mit den Relationen anderer Berichterstatter wird deutlich, wie (in all seiner Zuverlässigkeit) verhältnismäßig farblos der Sekretär die Debatten nachzeichnete. Ein Konzilsberater wie der italienische Franziskaner Umberto Betti erweist sich hier als tiefergehend und plastischer. Würde man allerdings seine Ausführlichkeit zum Maßstab nehmen, hätte es wohl eines dritten Teilbandes bedurft.

Erneut schließt der Band mit einem biographisch erschlossenen Personenverzeichnis, das verständlicherweise bei Personen, die bereits in den Vorgängerbänden genannt wurden, auf ergänzende Bemerkungen verzichtet. Leider beziehen sich hier die Seitenangaben wiederum nur auf den ersten Teilband. Mehrfach wird hier auf den bedeutenden Minoritätsvertreter Carli hingewiesen; bei der Hälfte der Fälle handelt es sich jedoch im Text um eine Abkürzung für "Cardinali" (vgl. 1122 mit 384f. 419f.). Der indische Bischof Fernandes scheint hier zudem teilweise mit dem Generalmagister der Dominikaner ähnlichen Namens fusioniert worden zu sein; dieser taucht anschließend, allerdings mit verschriebenem Vornamen, ebenfalls auf (vgl. 1135f.).

Zur Gestaltung der Ausgabe, ihren Chancen und Defiziten ist bereits in der Besprechung früherer Bände das Nötige gesagt worden. Dies muss auch hinsichtlich dieses Bandes nicht wesentlich korrigiert werden. Zwar scheinen die Versehen hier doch etwas rückläufig zu sein; dennoch ist die Zahl der Unstimmigkeiten nach wie vor relativ hoch. Dies gilt nicht zuletzt auch für den lateinischen Teil der Texte, bei dem zudem oftmals nicht erkennbar wird, ob es sich bei den Fehlern um solche im Manuskript handelt oder solche, die auf die Übertragung oder Edition zurückgehen (vgl. etwa 881). Dies ist besonders misslich bei Versehen, die einen grammatischen oder syntaktischen Fehler zur Folge haben - und dies bei einem Autor, dessen Latein schon vielfach gelobt wurde (nicht zuletzt von der Herausgeberin).

Ein Aspekt, den man bei Tromp so vielleicht nicht erwartet hätte, ist der bei aller Trockenheit doch gelegentlich durchscheinende Humor. Nicht nur wird von der manchmal aufkommenden Heiterkeit in der Konzilsaula durchaus ohne hochgezogene Augenbrauen berichtet; der Sekretär selbst wird hin und wieder zum schmunzelnden Beobachter, wenn er die Versorgung der Kommissionsmitglieder mit Bier und Coca Cola erwähnt oder den kurz zuvor zum Bischof geweihten Theologen Carlo Colombo als "non minus peritum quam antea, sed magis pontificalem" (881) bezeichnet. Hier wird die Sache aber sofort wieder ernst: Man kann ihn nicht mehr einfach wie zuvor behandeln; nach Rückfrage beim Generalsekretär des Konzils bekommt er nun zwar seinen Platz "post membra non inter peritos"; umgekehrt wird ihm aber kein Beschlussrecht zugestanden (623).

Wie schon seine Vorgänger stellt auch dieser Band der Erforschung des Zweiten Vatikanischen Konzils eine ebenso interessante wie hilfreiche Sammlung von Texten und Materialien zur Verfügung. Es steht zu hoffen, dass dieses Unternehmen zügig und gereinigt von nach wie vor verbliebenen Schönheitsfehlern fortgesetzt wird. Zu erwähnen bleibt noch, dass der erste Band, der in einem anderen Hause erschienen war, nun auch vom Verlag Bautz vertrieben wird.

Leonhard Hell, Mainz


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