Die deutsche Biologin Viktoria hat sieben Tage Zeit, um in Uganda etwas zu erledigen: Nur sieben Tage, um einen Vortrag zu halten, Besprechungen durchzuführen und herauszufinden, was Ubuntu ist. Zu wenig Zeit um sich einem Land zurechtzufinden, das sie nicht kennt. Ein Land mitten auf einem Kontinent, von dem in den Medien nur in Superlativen und Extremen die Rede ist. Der als Ort für abenteuerliche Touristen Safaris, aber auch für unzählbare kriegerische Auseinandersetzungen gilt. So tritt Vicky in ein kulturelles Fettnäpfchen nach dem anderen ... und bewahren die Lesenden davon, auf ihrer Geschäftsreise, ihrem Austausch oder Freiwilligeneinsatz dasselbe zu tun.
Europäerinnen, die in einem der 54 Länder Afrikas beruflich oder in einem Freiwilligeneinsatz tätig waren, haben sie garantiert erlebt: die interkulturellen Missverständnisse und Befremdlichkeiten. Was wir für richtig und gut halten, stößt andere vor den Kopf, und umgekehrt. Nach dem Erfolg von "Bienvenue en Afrique - Interkulturelle Kompetenz für Gabun" erscheint nun der zweite Band, der uns die unterschiedlichen Weltsichten von Menschen aus Deutschland und Uganda näherbringt.
Storytelling
Dies in einer unterhaltsamen Form: Im ersten, größeren Teil des Buchs schreibt die fiktive Hauptperson Vicky in ihren "Log" Einträge über die zurückgelegten Strecken, die Begegnungen und Erlebnisse in Kampala, der Hauptstadt Ugandas, und auf ihren Sightseeing-Tours. Wie beim Logbuch der Schifffahrt wertet sie Fehler aus und stellt Überlegungen an, wie sich diese Fehler in Zukunft vermeiden lassen. Sie verbindet das mit Gedanken-Übungen: So lädt sie uns ein, je einen Eisberg für Uganda und für Deutschland zu zeichnen und darin das für uns Sichtbare über dem Meeresspiegel und das Vermutete (Traditionen, Glaubenssätze, Wertvorstellungen und so weiter) unter dem Wasserspiegel einzutragen. Manche Erkenntnisse aus den Übungen sind durchaus überraschend. Fachbegriffe wie Sach- oder Beziehungsorientierung, Low Context oder High Context sowie lineare und andere Zeitwahrnehmung erklärt sie eingängig. Das hilft, die Erlebnisse besser einzuordnen. So werden die Erfahrungen von Vicky und ihrem Kollegen Musa Kalema reflektiert, mit touristisch interessanten Informationen gewürzt und mit Situationskomik aufgeladen. Etwa, wenn Musa Kalema seine Deutsche Kollegin strahlend begrüßt: "Wow, Vicky, schön dich zu sehen. Du siehst toll aus! Hast du zugenommen?" Und Vicky daraufhin schmollt, bis Musa ihr das Schönheitsideal der Ankole-Ethnie erklärt.
Im zweiten Teil antwortet Justine Magambo auf Fragen ihrer Englischschülerinnen der achten Klasse zu Uganda und beschreibt ihr Heimatland in Episoden, mit Bildern und zu Stichworten.
Offenheit, Selbstreflexion, Perspektivenwechsel
Was ist eigentlich interkulturelle Kompetenz? Für die Autorinnen geht es erst einmal darum, die Verunsicherung zuzulassen, wenn wir ins Fettnäpfchen treten. Denn diese veranlasst uns, über uns selbst nachdenken. Schrittweise können wir dann die Fähigkeit erlangen, mit solchen Situationen besser umzugehen. Dafür ist Offenheit, Selbstreflexion und Perspektivenwechsel die Grundlage.
Das Buch sei wärmstens empfohlen für alle, die sich von verstaubten Afrika-Vorstellungen lösen möchten. Oder müssen, weil sie sich auf das Abenteuer eines beruflichen oder freiwilligen Engagements einlassen.
Nina Sahdeva, fairunterwegs-Redaktion
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