Uwe Czubatynski

Bibliographie zur Kirchengeschichte
in Berlin-Brandenburg

Band 2:
Kreise und Orte im Land Brandenburg

Rezension


Sind gedruckte Bibliographien im Zeitalter des Internets noch zeitgemäß? Mit dieser Frage musste sich auch der Bearbeiter der vorliegenden Publikation auseinandersetzen. Uwe Czubatynski, Leiter des Domstiftsarchivs in Brandenburg und bereits durch verschiedene gedruckte und Online-Bibliographien ausgewiesen, bejaht sie "um der Benutzerfreundlichkeit willen" (Bd. 1, 5. 9), ohne in die Details zu gehen, wobei allerdings für ihn Print- und Internetausgabe keine sich ausschließenden Alternativen darstellen. Eine PDF-Ausgabe ist geplant, auch die Fortführung und Aktualisierung des Werkes als elektronische Ressource. "Die an sich wünschenswerte Überführung der Titelaufnahmen von unselbständiger Literatur in bibliographische Datenbanken wird eine Aufgabe für kommende Generationen bleiben", konstatiert er schließlich (ebd.) - eine Bemerkung, die in dieser Allgemeinheit nicht ganz zutreffend ist: Schließlich verzeichnet der "RI-OPAC" des Mainzer Akademie-Projekts "Regesta Imperii" für die mittelalterliche Geschichte schon seit Jahren auch unselbständige Literatur bis hin zu lokalen Publikationen. Allein die Einträge zum Stichwort "Salzwedel" umfassen mit Stand vom 1. Juli 2014 119 Titel, darunter auch entlegene, etwa aus der Heimatbeilage der Altmark-Zeitung. Gegenüber der Datenbank besitzt die gedruckte Fassung ebenso wie die PDF-Ausgabe trotz manch anderer Unzulänglichkeit allerdings einen unschätzbaren Vorteil: Man findet nicht nur das, was man gesucht hat, sondern wird dazu angehalten, systematisch zu recherchieren, und auch auf Unvorhergesehenes gestoßen. Grundlage für das vorliegende Werk war die von Hans-Joachim Schreckenbach bearbeitete "Bibliographie zur Geschichte der Mark Brandenburg", die 1910 bis 1974 in vier Bänden in den "Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam" erschienen ist und 1986 um einen Band zur Altmark, bearbeitet von Helmut Schönfeld, ergänzt wurde. Aus dieser wurden bereits in den neunziger Jahren durch ABM-Kräfte Titel mit kirchengeschichtlichem Bezug exzerpiert, die den Grundstock für die auf drei Bände angelegte Publikation Czubatynskis bilden. Die beiden bereits erschienenen Teile sollen hier vorgestellt werden, der dritte mit den Abschnitten über Berlin, Preußen, die Niederlausitz sowie Personen und Orgeln steht noch aus. Das Ordnungssystem lehnt sich an das der Schreckenbachschen Bände an, trägt jedoch der veränderten Themenstellung Rechnung. Der allgemeine Teil, der die gute Hälfte des ersten Bandes ausmacht, gliedert sich in die Abschnitte "Allgemeines" (vom Archivwesen bis zu Gesamtdarstellungen) und danach chronologisch in Mittelalter, Reformation, den "Protestantismus nach der Reformation" sowie (recht kurz) "Katholische Kirche". Im Teil zur Altmark folgen einem Abschnitt über Hilfsmittel ein weiterer mit dem Titel "Allgemeines", der hier allerdings die nicht orts- oder personengebundenen Titel in chronologischer Reihenfolge bietet, danach - in Anlehnung an Schreckenbach/Schönfeld - "Landschaften, Landesteile" (worunter Ämter und Kreise verstanden werden), schließlich die Kernabschnitte "Familien und Personen" sowie "Orte und Ortsteile". Im zweiten Band, der ja lediglich Kreise und Orte im Land Brandenburg (ergänzt werden muss: mit Ausnahme der Niederlausitz) umfasst, ist die Gliederung einfacher: Es beginnt mit Literatur über "Landschaften und Landesteile" (hier die historischen Landschaften); danach folgen die Kreise (gegliedert nach Epochen) sowie einzelne Orte von A bis Z.

Die seit dem Erscheinen der Schreckenbachschen Bibliographie erschienene Literatur wurde durch den Bearbeiter ergänzt, der in seinem Vorwort schon selbst auf die Gefahr hinweist, "immer von neuem mit Lücken und Fehlern konfrontiert zu werden" (Bd. 1, 5. 8). Die bibliographischen Angaben werden häufig durch weitere Hinweise angereichert: etwa auf das Vorhandensein in Bibliotheken (was allerdings nicht systematisch durchgeführt werden konnte), auf elektronische Ressourcen sowie bei Monographien häufig auch durch Hinweise auf Rezensionen. Als Bearbeitungsgebiet nennt Czubatynski das Gebiet der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (ohne die 2004 dazugekommene Schlesische Oberlausitz) sowie die 1807 von der Mark Brandenburg abgetrennte Altmark. Insofern verwundert es doch zunächst, im Abschnitt "Mittelalter" des allgemeinen Teils die Gliederungspunkte "Prämonstratenserstift Leitzkau" bzw. "Prämonstratenserstift Jerichow" zu finden, denn beide Orte gehörten weder jemals zur Mark Brandenburg, noch zählen sie zur heutigen Landeskirche. Der Zusammenhang der Stifte mit der brandenburgischen Kirchengeschichte ist allerdings angesichts ihrer Rolle in der Frühgeschichte der Bistümer Brandenburg und Havelberg evident, so dass wir im Hinblick auf das Bearbeitungsgebiet von einer gewissen Pragmatik Czubatynskis ausgehen dürfen. Ähnlich verhält es sich beim Abschnitt über das Bistum Kammin, das nach Brandenburg hereinreichte. Allerdings durfte eine Arbeit zum Kamminer Dom nicht im engeren Sinne der brandenburgischen Kirchengeschichte zuzurechnen sein. Offen bleibt, in welchen Grenzen die Altmark berücksichtigt wurde. Schönfeld ging seinerzeit von den Kreisgrenzen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts aus. Czubatynski scheint auch hier pragmatisch vorzugehen und im Zweifelsfall alles zu berücksichtigen, was jemals zur Altmark gehörte. So finden sich unter den verzeichneten Bänden der Bau- und Kunstdenkmalerinventare auch diejenigen für die Kreise Jerichow (wegen der bis 1807 zur Altmark gehörenden Orte Schönhausen und Fischbeck) und Wolmirstedt (wegen Burgstall). Unter den einzelnen Orten fehlen allerdings Schönhausen und Fischbeck. Burgstall wird aufgeführt - wahrscheinlich weil es zu DDR-Zeiten zum Kreis Tangerhütte gehörte. Aufgenommen wurde auch Walbeck an der Aller, das zwar nie zur historischen Altmark, aber zwischen 1815 und 1952 zum Kreis Gardelegen gehörte, ebenso Erxleben, das bis 1807 den südlichsten Zipfel der Altmark bildete, dann aber zum Kreis (Neu-)Haldensleben kam. Der Tatsache, dass auch Randbereiche berücksichtigt wurden, die nicht zur historischen Altmark gehörten, verdankt sich auch die Aufnahme von Werken zur Kirchengeschichte des Hochstifts Halberstadt. Warum allerdings die Generalkirchenvisitation vom Jahre 1650/51 im Holzkreis auch die Südwestaltmark betreffen soll, bleibt bis auf Weiteres ein Rätsel, doch findet sich dieser Eintrag so schon bei Schönfeld. Zu den Vorzügen der Schreckenbachschen Bibliographie gehört, dass auch entlegene Literatur aufgenommen wurde. Einige Stichproben zeigen, dass der Bearbeiter dies fortzuführen suchte, doch war das Ergebnis offenbar stark von der Verfügbarkeit der einzelnen Titel in Brandenburg abhängig. Eine Vollständigkeit konnte nicht erreicht werden und wurde auch nicht angestrebt. Besonders dicht ist die Bibliographie naturgemäß dort, wo Czubatynski durch eigene Forschungen Vorarbeiten geleistet hat: in der Prignitz und auch in Brandenburg. Dass für die Stadt Perleberg nicht nur eine kirchengeschichtliche, sondern eine komplette stadtgeschichtliche Bibliographie aufgenommen wurde, durchbricht allerdings den Rahmen des Gesamtwerks. Der Benutzer wird für diese pragmatische Inkonsequenz, die Czubatynski mit der bevorstehenden Publikation des Findbuchs zum Pfarrarchiv Perleberg erklärt (Bd. 2, 5. 5), dennoch dankbar sein.

Für die Altmark ist es bedauerlich, dass einschlägige Beiträge aus den Altmark- Blättern, der Heimatbeilage der Altmark-Zeitung, nur in Ausnahmefallen berücksichtigt wurden. Das 2012 erschienene Gesamtinhaltsverzeichnis zu den Jahrgängen 1 (1990) bis 21(2010) der Altmark-Blätter lag zur Zeit der Bearbeitung offensichtlich noch nicht vor. Damit entgehen dem Nutzer einige qualitätvolle Beiträge etwa zur Reformationsgeschichte von Stendal oder zur Marienkirche in Salzwedel. Das Manko, dass im ersten Band die einzelnen Artikel des Brandenburgischen Klosterbuchs nicht unter den Orten aufgenommen waren, wurde im zweiten Band behoben, so dass der an der Lokalgeschichte Interessierte sofort darauf gestoßen wird. Wie der Bearbeiter bereits im Vorwort selbst angedeutet hat, ist es einfach, Lücken oder Unstimmigkeiten in einer solchen Bibliographie zu finden, es ist jedoch ein mühsames und zeitraubendes Unterfangen, eine solche zusammenzustellen und zu systematisieren. Deshalb sollten die vorangegangenen Bemerkungen nicht das Verdienst des Bearbeiters schmälern, diese Bibliographie der Forschung zur Verfügung gestellt zu haben - im Gegenteil: Uwe Czubatynski ist ausdrücklich dafür zu danken, dass er mit der Veröffentlichung eben nicht bis zur letzten Perfektion gewartet hat. Die niedrige Auflage von 100 Exemplaren lässt vermuten, dass offenbar auch er langfristig mit einer stärkeren Wirksamkeit der künftigen Online-Ausgabe rechnet, dennoch aber auf die Präsenz einer Printausgabe in den wichtigsten Bibliotheken nicht verzichten möchte. Seiner Feststellung, dass sich "die Zugänglichkeit orts- und landesgeschichtlicher Literatur im Zeitalter der viel gepriesenen Digitalisierung noch nicht wesentlich verbessert hat" (Bd. 2, S. 5 f.), kann sich derjenige, der fern von größeren Bibliotheken Forschungen betreibt, zumindest im Hinblick auf neuere und neueste Literatur nur anschließen. Es ist daher zu hoffen, dass diese Bibliographie schon bald die lobenswerte Ausnahme sein und schrankenlos im Netz zur Verfügung stehen wird.

Christiane Schuchard


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