Philipp Thull, Hermann Josef Scheidgen (Hrsg.)

Lasst euch versöhnen mit Gott

Der Heilige Rock als Zeichen der ungeteilten Christenheit

Rezension


"Die Wahrheit verbindet. Sie ist niemandes Besitz alleine." Dieser zeitlose Satz des Weltphilosophen Karl Jaspers ist für jede Kommunikation, ob interreligiös oder interkulturell, von grundlegender Bedeutung. Die beiden Studien "lnterreligiosität und Interkulturalität" sowie "Lasst euch versöhnen mit Gott" sind in diesem Kontext zu betrachten, weil beide, wenn auch implizit unterschiedlich, nach der "Wahrheit" suchen. Eine Suche, die verbindet und zugleich trennt. Dies hängt mit der Verschiedenheit der Köpfe und der Mannigfaltigkeit der Wege zusammen.

Die Aufsatzsammlung "Interreligiosität und Interkulturalität" ist das Ergebnis eines Kongresses, der im Jahre 2009 in Köln stattgefunden hat. Dabei geht es um theoretische und praktische Voraussetzungen des Dialogs aus christlich-muslimischer Sicht. Hierbei kommen nicht nur der islamische Religionsunterricht, interreligiöse Elementarerziehung und Erwachsenenbildung zur Sprache, sondern auch die Fragen nach Jugendarbeit und Frauenbildung.

Jamal Malik greift in seinem Beitrag die Rolle der Religionen bei der Integration in einer pluralistischen Gesellschaft auf und betont dabei das Dialogpotenzial des Islam. Dies begründet er mit der interpretatorischen Variabilität des Korans, der aus sich heraus kommunikativ ausgerichtet ist. Malik moniert, dass der Islam im deutschen Integrationsdiskurs nicht als eine plurale Religionsgemeinschaft diskutiert werde, sondern geradezu als ein monolithaftes Gefüge. In der Pluralität der islamischen Religionsgemeinschaft sieht Malik eine Chance, um den interreligiösen Dialog und damit die Debatte um die Integration in Europa zu fördern.

Josef Freise wendet sich der Frage nach Kulturen und Religionen im Dialog zu. Dabei arbeitet er das Verbindende und Unterscheidende im interkulturellen und interreligiösen Dialog heraus. Freise unterscheidet vier Möglichkeiten, wie sich Kultur und Religion zueinander verhalten können: 1. die Ablösung der Religion von jeglicher Kulturbindung als fundamentalistischer Weg, 2. die völlige Anpassung der Religion an die Kultur als Assimilation, 3. die Anpassung der Kultur an die religiöse Tradition, als Traditionsweg und 4. die Anpassung der Religion an die moderne Kultur als Modernisierung der Religion. Freise sieht das eigentliche Ziel des Dialogs in interreligiöser und interkultureller Absicht nicht nur in einer Horizonterweiterung des eigenen Glaubens. Auf diesem Wege könne eine friedliche Konfliktbearbeitung auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts gelingen.

Das Sammelwerk "Lässt euch versöhnen mit Gott" greift die Wallfahrt zum Heiligen Rock auf und widmet sich der Förderung der Einheit unter den Christen aufs Neue, um den innerchristlichen Dialog weiter voranzutreiben. Die Beiträge wenden sich unterschiedlichen Themen der Ökumene zu, um dem tieferen Geheimnis des Heiligen Rocks näherzukommen und gleichsam seine Bedeutung für die Einheit der Christen zu ergründen. Sie spiegeln die Vielfalt der theologischen Disziplinen in ihren Bezügen zur Ökumene wider. Indem sich die Verfasser einer Sprache zu bedienen wissen, die einem größeren Leserkreis verständlich ist, übersteigen sie die fachwissenschaftlichen Diskurse.

Der Mitherausgeber Hermann-Josef Scheidgen stellt Max Josef Metzger und Dietrich Bonhoeffer als Pioniere und Vorkämpfer der Ökumene heraus. Unabhängig voneinander hätten sie ein ökumenisches Friedenskonzil angestrebt.

Hans Waldenfels SJ überschreibt seinen Beitrag mit dem Motto "Ihr aber seid der Leib Christi". Mit dem ungeteilten Rock werde von Anfang an die im Johannesevangelium ausführlich berichtete Szene unter dem Kreuz erinnert, als die Soldaten den Rock Jesu nicht zerteilen wollten, sondern darum losten, wem er gehören solle. Dieses Symbol stehe, so Waldenfels, bei dieser Wallfahrt für die Einheit der Kirche, wie sie in der Kirchengeschichte immer wieder thematisiert werde. Er sieht in ökumenischer Hinsicht seitens der katholischen Kirche den Dialog mit den orthodoxen Kirchen am weitesten fortgeschritten. Papst Benedikt XVI. habe deutlich zu verstehen gegeben, dass er hier eine eucharistische Gemeinschaft in überschaubarer Zukunft erwarte.

Otto Scheib stellt die provokante Frage: "Scheitert die Ökumene?" Er thematisiert im Anschluss daran die innerchristlichen Religionsgespräche im Abendland und die Einheit der Christen. Scheib gibt sich keinen Illusionen hin, wenn er herausstellt, dass diese Einheit nicht von der Basis her, wie oftmals erwünscht, erfolgen könne. Es reiche eben nicht aus, wenn man alleine bei ethischen Fragen einen Konsens erziele. Man müsse sich vielmehr über die Prinzipien der Theologie verständigen, und diese seien im Bereich der Dogmatik anzusiedeln. Hierzu zählt er insbesondere das Amts- und das Sakramentenverständnis.

Diese Studien verfolgen, wenn auch auf unterschiedlicher Weise, den Weg zum bedingungslosen Dialog zwischen dem Christentum und dem Islam sowie innerhalb der Christenheit. Sie sind nicht nur gelungene Beispiele des interreligiösen und interkulturellen Dialogs, sondern auch ernst zu nehmende Versuche, um den Herausforderungen und damit den veränderten Verfassungen kultureller Kontexte Rechnung zu tragen. Den Aufsatzsammlungen wünsche ich eine große Verbreitung mit einer fundierten und vor allem weiterführenden Kritik.

Hamid Reza Yousefi


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