Das Alte Testament in neuen Bildern
Das Alte Testament hat zu allen Zeiten auch Dichter und Denker inspiriert. Vor allem im von Menschheitskatastrophen geprägten 20. Jahrhundert haben Literaten immer wieder biblische Gestalten und Episoden aufgenommen, aus der jeweiligen Gegenwart heraus interpretiert und sich damit mit dem "Buch der Bücher"
auseinander gesetzt "Es ist keinesfalls übertrieben davon zu sprechen, dass biblische Traditionen eine Verstehenshilfe bieten, die es ermöglicht, das eigene Leben wie das der jeweiligen Gesellschaftsentwicklung zu deuten und damit letztlich auch gestalten zu können", schreiben die Theologen Joachim Liß-Walther (Fahrdorf) und Hans-Christoph Goßmann (Hamburg) in dem Vorwort zu dem von ihnen herausgegebenen Werk "Gestalten und Geschichten der Hebräischen Bibel in der
Literatur es 20. Jahrhunderts", dessen zweiter Band jetzt in der Bischofskanzlei in
Schleswig vorgestellt wurde.
Die beiden umfangreichen und gehaltvollen Bücher sind
in der von der Jerusalem-Akademie in Hamburg begründeten Schriftenreihe der "Jerusalemer Texte" als sechster und 13. Band erschienen, verlegerisch betreut vom Verlag Traugott Bautz in Nordhausen. Sie versammeln im Wesentlichen in der Akademie Sankelmark gehaltene Referate, die für den Druck überarbeitet, teilweise
erheblich erweitert und mit einem Anmerkungsapparat versehen wurden. In den Sammelbänden sind insgesamt zwölf Autoren mit Beiträgen vertreten, in denen sich Theologie und Literatur begegnen.
Im soeben erschienenen Folgeband kommen die Literaten Franz Werfel, Peter
Schneider, Michael Schneider, Alfred Neumann, Arnold Ulitz, Nelly Sachs, Richard Beer-Hofmann, Uwe Johnson, Stefan Zweig, Sigmund Freud, Afred Döblin und wie im ersten - Elie Wiesel und Thomas Mann zu Wort, und zwar in Romanen, Erzählungen, Dramen und poetischen Texten, die in unterschiedlicher Weise Bezug nehmen auf Geschichten und Figuren der Bibel. Ihre Werke werden vorgestellt und
tiefgründig ausgeleuchtet. Besondere Erwähnung verdient Werfels Bibeldrama "Der Weg der Verheißung" von 1935, auch deswegen, weil es von Kurt Weil vertont und in englischer Übersetzung in New York von Max Reinhardt auf die Bühne gebracht wurde.
Die von Liß-Walther und Goßmann vorgelegten Sammelbände zu Gestalten und
Geschichten der Hebräischen Bibel und deren Spiegelung in der Literatur bieten keine leichte, dafür aber eine außerordentlich anregende Lektüre. Sie wird bei
manchem Leser sicherlich den Wunsch auslösen, sich intensiver mit den Themen und mit den vorgestellten Schriftstellern zu beschäftigen und - vor allem - sich mal wieder in das "Buch der Bücher" zu vertiefen.
Bernd Philipsen
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