Thomas Nawrath, Philipp W. Hildmann (Hrsg.)

Interkultureller Dialog und Menschenrechte

Studien zur Interkulturellen Philosophie 20

Rezension


Vorstaatliche, nicht erst durch die Verfassung gewährte Menschenrechte sind der Ausgangspunkt dieser Aufsätze, in denen die Diskurse über den interkulturellen Dialog und die Menschenrechte miteinander verknüpft werden. Sie sind das Ergebnis einer interdisziplinären Tagung der Münchner Hochschule für Philosophie, die von den Jesuiten getragen wird, und der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung. Im ersten Kapitel über Grundlagendiskurse stellt Nawroth fest, dass diese eine „gemeinsame Signatur“ in der zum einem individuellen und zum anderen kollektiven „Auslegung dessen, was die Würde des Menschen sei“ (15), besitzen. Nawroth schreibt außerdem, dass der interkulturelle Dialog an sich weder ein Synonym für Toleranz noch für Pazifismus sei, es keinen Weltethos gebe und universale Menschenrechte nicht von einer bestimmten Kultur her zu denken seien. Vielmehr geht es dabei vor allem um die Gesprächsfähigkeit der Kulturen miteinander. Auch Michael Reder hält in seinem Beitrag über die Interkulturalität als Thema der politischen Philosophie fest, dass die Menschenrechte kein abstraktes Weltbürgerrecht darstellten, sondern gewachsen und kulturell offen seien, es aber dennoch einen ethischen Universalismus gebe. Als Anwendungsbeispiel nennt er den Klimawandel, verstanden als Menschenrechtskonflikt: Die reichen Industrieländer des Nordens als Auslöser des Klimawandels verletzen die Rechte der Menschen in den Entwicklungsländern des Südens, die unter diesem Wandel zu leiden haben. Nach einem weiteren grundlegenden Beitrag unter Bezugnahme auf Hölderlin schließt sich das zweite Kapitel an, in dem Menschenrechtsdiskurse erörtert werden. Unter anderem beschäftigt sich Richard Heinzmann mit den religiösen und weltanschaulichen Voraussetzungen der Menschenrechte, Elmar Nass bezeichnet eine Ergänzung der UN-Menschenrechtscharta als überfällig. Im dritten Teil geht es um Anwendungsdiskurse vor allem mit Blick auf den Islam. Mathias Rohe schreibt, dass „manche Auslegungen und Anwendungen islamischer Normen im Gegensatz zu den Menschenrechten stehen“ (141). Er nimmt allerdings auch eine potenzielle Wandlungsfähigkeit der Muslime an und zwar vor allem derjenigen, die selbst gewählt außerhalb einer muslimischen Mehrheitsgesellschaft in Europa und damit in einer historisch neuen Situation leben.

Natalie Wohlleben
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de


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