Arbeiten zum Judentum durchziehen gleichsam wie ein roter Faden das fast 40-jährige Forschen Peter Masers. Nun hat sein Schüler Hans-Christoph Großmann 20 Beiträge, die heute oft kaum noch greifbar sind (erschienen von 1973 bis 2009), wieder zugänglich gemacht. Das Eingangskapitel "Christen und Juden" wird eingeleitet durch den Aufsatz "Luthers Schriftauslegung in dem Traktat "Von den Juden und ihren Lügen (1543). Ein Beitrag zum (Christologischen Antisemitismus) des Reformators". Maser weist dabei die Versuche zurück, die umstrittenen antisemitischen Positionen Luthers als lediglich antijudaistisch zu relativieren oder als durch den historischen Kontext bedingt zu verharmlosen. Der alte Luther habe durch diese verhängnisvolle Schrift durchaus zu dem beigetragen, was den Juden von den Nationalsozialisten im Holocaust zugefügt worden ist.-Die Judenmission und ihren Initiator F. A.G. Tholuck, auf den letztlich das wissenschaftliche Fach "Judaistik" zurückgeht, beurteilt Maser allerdings keineswegs einseitig negativ. Das zweite Kapitel "Spätantike und mittelalterliche jüdische Kunst" birgt vor allem für den Kunsthistoriker Interessantes. Das dritte Kapitel "Schlesisches Judentum" (seit 1740) spiegelt über weite Strecken die Entwicklungen im europäischen Judentum: Aufklärung, konservatives und liberales Judentum, Assimilierung, Bildung, Synagogenbau, religiöses Leben. Das erschütternde Ende der jüdischen Gemeinden in Schlesien durch den Holocaust wird an den Tagebüchern von Walter Tausk und Willy Cohn beklemmend deutlich. Das vierte Kapitel widmet sich dem Judentum im östlichen Europa. Den Gesamtüberblick über das Judentum in Osteuropa nach Shoah und Kommunismus beschließt Maser mit der deprimierenden Feststellung: "Heute ist das Licht des osteuropäischen Judentumsam Verlöschen; und es ist nicht erkennbar, was diesen glimmenden Docht zu neuem Glanz entfachen könnte." (S. 576) Im Kapitel über jüdische Gemeinden in der ehemaligen DDR spürt man die persönliche Betroffenheit Masers. Die Einstellung der DDR-Führung gegenüber den jüdischen Gemeinden sei "von [...] reinem Machtkalkül bestimmt [gewesen]. Indem Maße, in dem jüdische Bürger [...] in der DDR als Mittel der Innen- und noch mehr der Außenpolitik instrumentalisiert wurden, wurde die Politik der DDR-Führung auch auf diesem Gebiet unmoralisch. Eine in der Nazizeit geschundene Minderheit [...] wurde in der DDR entsprechend den Anforderungen der Tagespolitik [...] manipuliert und in ihren Rechten gemindert." (S. 644)
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