Unternehmerische Festschriften aus dem Wuppertal als Quellen und jede Menge Mentalitätengeschichte: Das sind die Zutaten eines aufschlussreichen und gelungenen Aufsatzmenüs in drei Gängen, dem die Autoren das berühmte Krupp-Wort vom "Herrn im Haus" zum Titel gaben. Die durch den bergischen Mentalitätenfachmann und Emeritus Karl-Hermann Beeck begleitete Untersuchung teilte man sich nach den Entstehungsjahren der Festschriften in drei sinnvolle Zeitabschnitte.
Helga Passon dokumentiert Weltsichten in Jubiläumsschriften der Jahre 1894 bis l921. Anhand von ausgewählten Familienunternehmen wie dem Bankhaus des preußischen Handels- und Finanzministers August von der Heydt schildert sie die eigenständige Variante des "Herr im Haus"-Unternehmertypus, die sich im Wuppertal herausbildete. Dieser Typ erscheint bei Passon weniger monokausal protestantisch geprägt als landläufig angenommen; er ist von hoher geistiger Flexibilität und Innovationsfähigkeit einerseits bei gleichzeitiger Traditionsverbundenheit sowie erstaunlicher Beharrlichkeit als quasi vormoderner "Hausvater" andererseits.
Birgit Siekmann wendet sich Schriften der Jahre 1924 bis 1949 zu. Sie beleuchtet den Kanon allgemeinhistorischer Themen der Laudatoren dieser Phase: So spielten politische Bewegungen wie die bürgerliche Revolution von 1848 keine Rolle; gute Wachstumsmöglichkeiten für die Unternehmen gaben den Ausschlag, welche Zeiten positiv vermerkt wurden - darunter die beginnende Zeit des Nationalsozialismus. Die "gute alte Zeit" des Wilhelminismus nahm dabei ungeachtet ihrer gravierenden Wirtschaftskrisen breiten Raum ein.
Schließlich wendet sich Peter Schmidtsiefer den Schriften der 1950er Jahre zu. Er weist dabei unter anderem nach, dass noch lange nach Kriegsende ein paternalistischer Unternehmertypus "Schicksalsgemeinschaften" in Unternehmen beschwor, die von einer durchgängigen, seit dem 19. Jahrhundert kaum gewandelten Mentalität zeugen, welche allerdings in einigen Fällen vom Gedanken der NS-"Betriebsgemeinschaft" überformt war.
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