Nach Jubel Ernüchterung Blutrotes Licht umflutet die gequälten Gesichter der Wehrlosen:
Sie sind mehr als 25 000 und müssen vor den Gewehrläufen der französischen
Besatzungstruppen in Hunger und Kälte ziehen. Nur wenige dieser unglücklichen
Hamburger werden diesen Winter 1813 vor Altonas Toren überleben. Zwei Jahre
später: Noch ist der Himmel grau, aber die Gesichter der Bevölkerung strahlen
erleichtert. Auf einer Alsterbrücke feiern sie die Rückkehr ihrer Truppen,
die in Paris zum Sturz der Napoleonischen Herrschaft beigetragen haben. HUBERTA VON VOSS
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Bautz
Das sind zwei Exponate der Ausstellung "Paris an der Alster - die Französische
Revolution in Hamburg", die erstmals die Ereignisse in und um 1789 in der
Hansestadt dokumentiert. Als Festgabe Hamburgs zur 2000-Jahr-Feier der Bundeshauptstadt
weilt ein Teil der Ausstellung bis zum 17. April in der Landesvertretung
in Bonn. Bis zum 27. Mai ist sie dann vollständig in der Hamburger Staats-
und Universitätsbibliothek zu sehen. Das Jubiläum Bonns ist nur einer der
Anlässe, die der Direktor der Bibliothek, Prof. Dr. Horst Gronemeyer, ergriff,
um die Dokumentation zu konzipieren. Denn 1989 jährt sich auch der 200.
Jahrestag der Französischen Revolution, die in Europa die Grundlagen zur
modernen Demokratie geleit hat. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - die
Forderungen der Aufständischen - stießen damals bei den deutschen Herrschern
auf wenig Gegenliebe.
Doch es gab auch in Deutschland begeisterte Anhänger dieser wohl wichtigsten
gesellschaftlichen Umwälzung der Neuzeit. Besonders in Hamburg, wo Dichter,
Gelehrte und Kaufleute zusammenfanden, und die Gedanken der Aufklärung in
Deutschland verbreiteten. Der Dichter Friedrich von Hagedorn machte die
Hamburger Gesellschaften weit über die Stadtgrenzen berühmt, die dort durch
die liberale Verfassung besser arbeiten konnten als anderswo. Im Sommer
1790 veranstaltete der Hamburger Kaumann Georg Heinrich Sieveking ein Freudenfest
zum Jahrestag Bastille-Erstürmung.
Dieser symbolträchtigen Einnahme des Pariser Stadtgefängnisses durch die
aufgebrachten Bürger war der glorreiche Auftakt einer bald weniger glorreichen
politischen Wende. Nichts Böses ahnend, feierte man das Ereignis mit Salutschüssen,
von denen der Hamburger Rat keine Notiz zu nehmen schien. Friedrich Gottlieb
Klopstock sang neidisch, nach Frankreich blickend, die Ode "Kennet Euch
selbst": "Oh Schicksal! das sind sie also, das sind sie / Unsere Brüder
die Franken; und wir?"
In der Tat blieb es auch in Hamburg bei einem verbalen Bekenntnis zur Revolution.
Nach dem Handwerkeraufstand von 1791, der von dem "Jakobinerklub" echter
Republikaner zu Altona" organisiert wurde, verschlechterte sich das tolerante
Klima der Stadt. Der Einmarsch der napoleonischen Truppen im Jahre 1806
ließ die Begeisterung der Hamburger Bevölkerung abebben. Als 1811 der französische
Reichsmarschall Davout den Senat auflöste, liebäugelten nur noch Idealisten
wie Klopstock mit dem Nachbarland.
All diese Ereignisse sind in der Ausstellung in Kupferstichen, Aquarellen
und Olgemälden des 17. und 18. Jahrhunderts festgehalten. Unter den ausgestellten
Künstlern befinden sich C. Fritsch, G. L. Eckhardt und J. H. Tischbein.
Auch die literarischen Erzeugnisse der Hamburger Kreise werden in Originalen
gezeigt, darunter eines der drei erhaltenen Flugblätter als Leihgabe des
dänischen Reichsarchivs in Kopenhagen.