Das vorliegende Bändchen beleuchtet zentrale philosophische Aspekte im Werk Heinrich Heines. Es stellt in politischer Dimension Heine als Anhänger nicht nur des radikalen Republikanismus, sondern auch des Sozialismus vor. Für Heine gilt besonders, wie auch für Goethe und Schiller, daß er als Dichter philosophischen und theologischen Fragestellungen neue Aspekte abgewinnen konnte und seine Kommentare den fachgelehrten Thesen in nichts nachstehen. Diese Kritik geschah meistens im Medium seiner lakonischen Sprache. Es wäre falsch, Heines philosophisches Bestreben auf „Die Romantische Schule“ oder die Schrift „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“ zu reduzieren. Sein ganzes Werk ist von der Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus und seinen Kritikern durchzogen – dies auch vor dem biographischen Hintergrund des Dichters. Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns läßt Heine sich protestantisch taufen und wählt mehr unfreiwillig 1831 Frankreich zur Heimat. Gerade diese Position zwischen Traditionen und Nationen lassen ihn zu einer differenzierten Urteilsbildung kommen.
Gegenüber dem zwanghaften Wesen des deutschen Nationalismus war Heine ebenso abgeneigt, wie er einer egalitären Diktatur des Kommunismus kritisch gegenüberstand. Hinsichtlich der deutschen Mentalität im 19. Jahrhundert stört Heine besonders der unterwürfige Gehorsam der Deutschen und die freiwillige Knechtschaft, die sie förmlich genießen. Nicht weniger stört er sich an möglichen Konsequenzen einer siegreich verlaufenden Revolution, die in den Pariser Arbeitervierteln ihren Ausgang nehmen würde: „Was wäre das Ende dieser Bewegung, wozu Paris wieder wie immer das Signal gegeben? Es wäre der Krieg, der gräßlichste Zerstörungskrieg, der leider die beiden edelsten Völker der Zivilisation in die Arena riefe zu beider Verderben; ich meine Deutschland und Frankreich. […] Der zweite Akt ist die europäische, die Weltreligion, der große Zweikampf der Besitzlosen mit der Aristokratie des Besitzes, und da wird weder von Nationalität noch von Religion die Rede sein: nur ein Vaterland wird es geben, nämlich die Erde, und nur einen Glauben, nämlich das Glück auf Erden. […] Es wird vielleicht alsdann nur einen Hirten und eine Herde geben, ein freier Hirt mit einem eisernen Hirtenstab, und eine gleich geschorene, gleichblökende Menschenherde!“ (S. 50) Diese kommunistische Diktatur stellt den rohen Kommunismus dar, der mit Marx’ „radikalhumanistischen Ideen“ (S. 48) wenig gemeinsam hat.
Als theoretischen Höhepunkt des Buches sind Taubers Ausführungen über den Übergang von Hegels atheistischer Vernunftphilosophie in den Geldfetisch des Kapitalismus zu bezeichnen. Äußerst anschaulich und präzise wird dokumentiert, wie im 19. Jahrhundert allmählich der „Gott der Philosophen“ vom „Gott Mammon“ abgelöst wird. „Unter den metaphysischen Bedingungen einer Welt ohne transzendenten Gott […] wird die Validierung der Daseinswirklichkeit, und in ihr zuallererst die Validierung der Persönlichkeit des menschlichen Subjekts, zur Sache des Menschen; die Subjekte der bürgerlichen Gesellschaft […] sollen ihre Persönlichkeit gegenseitig validieren. Es geht hier allerdings nicht nur um philosophische Reflexion ‚für uns‘, sondern auch um etwas, das […] in der Realität der gesellschaftlichen Existenz der Menschen stattfindet. Die ‚Person‘, d.h. das als solches anerkannte menschliche Subjekt, agiert im modernen gesellschaftlichen Dasein als Besitzer privaten Eigentums – zunächst als Eigentümer seines Körpers und seiner Seele, aber natürlich auch von Dingen und Geld, die sich […] in seinem Besitz befinden.“ (S. 76) Die Substitution des Religiösen durch eine Gottwerdung des Geldes ist bei Heine bereits in seinem Text „Briefe aus Berlin“ ersichtlich: „Der Kaufmann hat in der ganzen Welt dieselbe Religion. Sein Komptoir ist seine Kirche, sein Schreibpult ist sein Betstuhl, sein Memorial ist seine Bibel, sein Warenlager ist sein Allerheiligstes, die Börsenglocke ist seine Betglocke, sein Gold ist sein Gott, der Credit ist sein Glauben.“
Die vorliegende aspektreiche Schrift ist für Germanisten und Philosophen gleichermaßen zu empfehlen. Sie hält wohltuend Abstand vom theoretischen Jargon und wendet sich den spannenden Sachfragen bei Heine zu.
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