Als wesentlichen Beitrag zur Interkulturalität steht neben Jaspers' entschiedener Ablehnung totalitärer Herrschaftsformen und religiöser Fanatismen die für einen Philosophen deutscher Sprache eher seltene gehaltvolle Reflexion von außereuropäischen Denkern und Gestalten wie Konfuzius, Buddha und Laotse. Jaspers hat seine Beschäftigung mit diesen Denkern stets als Beitrag zu einer wünschenswerten "Weltphilosophie" verstanden und "maßgebende Menschen" nie allein in der abendländischen Hemisphäre gesucht. Bei seinen Forschungen getragen fühlt er sich von dem Bewußtsein, daß wir außerstande sind, die eine, einzig gültige absolute Wahrheit zu erkennen. Gleichwohl leugnet Jaspers nicht, daß dieses unerkennbare Absolute besteht. Jedoch verweist er auf die Grenzen möglicher Erkenntnis, die jedem Menschen, gleich welchem Kulturkreis er angehört, gesetzt sind. Wer sich indessen ein absolutes Wissen anmaßt und sich dabei auf eine religiöse oder säkulare Heilslehre beruft, versucht andere zu bekehren oder, sofern diese sich nicht bekehren lassen, zu selektieren. Selbst humane Ansprüche verkehren sich durch die Absolutsetzung einer Lehre in praktizierte Inhumanität.
Karl Jaspers' Philosophie bewegt sich im dem "offenen Horizont". Was das von ihm entfaltete philosophische System in interkultureller Hinsicht bedeutet und welche Perspektiven es für die Fragen der Gegenwart, auch vor dem Hintergrund fundamentalistischer Bewegungen, eröffnet, wird in dieser Einführung dargelegt.
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