Uwe Czubatynski

Kirchengeschichte und Landesgeschichte

Gesammelte Aufsätze aus den Jahren 1991 bis 2003

2. erweiterte Auflage

Rezension


Das Heil der Geschichte liegt im Detail" - im vorliegenden Sammelband aus Aufsätzen, Rezensionen, Vorträgen, Werkstattberichten und Protokollen findet das von Hubert Jedin gern benutzte Diktum seine Bestätigung. Gemeinsam ist den 78 Mosaiksteinen, die der Autor zusammengefügt hat, die akribische Sorgfalt im Umgang mit den Quellen und der präzise, dennoch flüssige sprachliche Ausdruck.

Der Autor hat sich für die brandenburgische Kirchen- und Landesgeschichte längst durch seine 1998 im Druck erschienene Dissertation "Armaria ecclesiae", in der er die Geschichte des kirchlichen Bibliothekswesens unter besonderer Berücksichtigung der Mark untersuchte, ausgewiesen. Daß er neben den viel Zeit und Kraft erfordernden Aufgaben seines Pfarramtes in der Prignitz darin weiterarbeitete, belegt der vorliegende Band mit der abschließenden Personalbibliographie eindrucksvoll, der zugleich in verschiedensten Periodika verstreutes, oft nur schwer zu greifendes Material für den interessierten Leser vereinigen soll. Die Aufsätze wurden - nach leichter Überarbeitung bzw. Aktualisierung - in der Reihenfolge ihrer Erstveröffentlichung abgedruckt und lediglich in die Sachgruppen "Beiträge zur Kirchengeschichte" und "Beiträge zur Landesgeschichte" unterschieden, wobei auch hier die Grenzen fließend sind.

Czubatynskis Schwerpunkte schälen sich heraus: Geschichte der Bibliotheken und Archive, Musik- und vor allem Orgelgeschichte sowie (kirchliche) Ortsgeschichte der Prignitz und der Altmark. Hier findet der Leser interessante Details, die zugleich den Blick für das Ganze der märkischen Kirchen- und Landesgeschichte öffnen. Nur wenige Beispiele seien genannt: Ein Aufsatz zur Frühgeschichte des Zisterzienserinnenklosters Heiligengrabe lenkt in genauer Analyse der Gründungslegende und unter Zuhilfenahme anderer Quellen den Blick auf das Beziehungsgeflecht von Markgraf Bischof und Adel (S. 139-153). Der Aufsatz über die 1724 angelegte Kirchenbibliothek des Städtchens Altlandsberg (S. 27-46) kann aufgrund der Aufzeichnungen ihres Gründers Licht in die mangels an Quellen oft dunkle Bibliotheksgeschichte bringen. Aus Perleberg werden das Pfaff- und Ephoralarchiv und die Museumsbibliothek in ihrer geschichtlichen Entwicklung beschrieben (S. 82-98. 228-232. 250-252). Zur Orgelgeschichte erschließt der Autor Quellen aus Fürstenwalde (S. 50-54) und Wittenberge (S. 186-190) sowie ein 1624 veröffentlichtes Gutachten der Universität Wittenberg (S. 134-138). Weitere Beiträge sind der Geschichte des Orgelbaus in Goslar (S. 344-346) und Salzwedel (S. 289-301) sowie der Orgelmusik am Havelberger Dom (S. 225-227. 274-287) gewidmet.

Am Beispiel der Kirchengemeinde des Prignitzdorfes Quitzobel wird der Wandel der Finanzierung und das Wegbrechen der herkömmlichen finanziellen (und damit auch personellen) Grundlagen in der Gegenwart anschaulich dargestellt. Auch dieser Beitrag schließt nicht mit larmoyanten Klagen, sondern mit nüchtern skizzierten Anregungen, neue Wege zu suchen (S. 154-160). Die Beiträge unterstreichen die enge Wechselbeziehung zwischen Kirchen- und Landesgeschichte. Sie sind getragen von der Einsicht, daß die Kirche und ihr Glaube auch heute kein belangloses, zu vernachlässigendes Ornament sind, so wie der zitierte Wittenberger Pfarrer Ludwig Lehmann 1937 bereits seine märkische Kirchengeschichte enden ließ: "Ein Volk, das gottlos wird, gräbt sich selber das Grab." (S. 162)

Michael Höhle


Copyright © 2004 by Verlag Traugott Bautz