Irmgard Gehle

Der Benediktiner Ansgar Pöllmann unterwegs

aus dem Kloster in die Welt der Kunst und Literatur

auf der Suche nach schöner Dichtung,

nach hieratischer Kunst, nach Kolportage – bei Karl May

Rezension


Ansgar Pöllmann (1871-1933) war vieles: Schriftsteller, Journalist, Literaturkritiker, Kunstkritiker, Redner und eben auch Mönch der Erzabtei Beuron, wo er 1895 in das kanonische Noviziat aufgenommen wurde; 1897 wurde er zum Priester geweiht. Er war zwei Jahre lang Redaktionsleiter der Benediktinischen Monatsschrift. Damals beschäftigten sich die eigenen Beiträge Pöllmanns in der Zeitschrift mit Themen aus dem Umkreis der Beuroner Kunstschule. 1905 erschien seine Schrift Vom Wesen der hieratischen Kunst. Ein Vorwort zur Ausstellung in der Wiener Sezession. 1911 verließ er das Kloster, um dann allerdings 1918 wieder einzutreten. Einem größeren Leserkreis wurde er bekannt durch seine Kontroverse mit Karl May. In der hier vorgestellten Monographie widmet sich die Autorin dem Lebenslauf des Benediktinermönchs und seinen journalistischen und literarischen Arbeiten. Ihre Intention besteht in einer Klärung der Fakten jenseits der polemischen und juristischen Streitigkeiten, in die Pöllmann immer wieder verwickelt wurde.

Eines der wichtigsten Anliegen von Pöllmann war der Kampf gegen die "Inferiorität" der katholischen Literatur: Die abseitige Stellung der katholischen Kirche im und nach dem Kulturkampf habe eine Qualitätsminderung und Rückständigkeit der Literatur zur Folge gehabt. Eine Besinnung auf Friedrich Schiller hätte hier nach Ansicht Pöllmanns auch der katholischen Literatur geholfen. 1905 heißt es in einer Aufsatzsammlung mit dem Titel Rückständigkeiten: "Mit Kultur ist's heute schlecht bestellt, in einer Zeit, da die kitschige Reproduktion, die nach ‚etwas aussieht', dem bescheidenen, aber ehrlichen Original vorgezogen wird, sondern die billige Nachahmung, der Schund ... beliebt ist".
"Pöllmann beklagte ... ein Abwenden von der guten alten Zeit. Er suchte die Überwindung der Folgen des Kulturkampfes, warnte vor einer zu strengen Anlehnung an den Ultramontanismus". Zum Inbegriff dessen, was Pöllmann "Schund" nannte, gehört die Literatur Karl Mays. Dieser stand damals unter besonders heftigem Beschuss, weil mehr und mehr bekannt wurde, dass seine Reiseerzählungen reine Fiktion waren und er nie im Orient und in Amerika gewesen war. Die Auseinandersetzung zwischen Pöllmann und Karl May wurde auf verschiedensten Ebenen geführt: brieflich, in Publikationsorganen (auch unter Einbeziehung von Mays Privatleben), über eine Klage Mays bei Pöllmanns damaligem Abt und vor allem juristisch. Andererseits erfuhr der Benediktiner auch teils polemische Kritik an seinen eigenen literarischen Produktionen (z.B. die "Monatschrift für religiöse Dichtkunst" Gottesminne). Im Buch ist eine Reihe von Pöllmanns Gedichten abgedruckt.

Gehles Buch bezieht eine Fülle an Sekundärliteratur im laufenden Text als Zitate mit ein, was das Lesen teilweise mühsam macht. Inhaltlich ist der Gedankengang mitunter sprunghaft, etwas, was nicht nur mit der geistigen Mobilität des Benediktiners zu tun hat. Die Sterbechronik für P. Ansgar wird gleich zweimal abgedruckt (16ff/383f).

Lothar Stresius, Aachen


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