Michael Peters (Hrsg.)

Professor Fritz Fischer (1908-1999)

Lebensgeschichte und Kriegszielthesen

Ein Resümee zum 110ten Geburtstag des Historikers

und zur "Fischer-Kontroverse" vor fünfzig Jahren

Rezension


Die These eines Streitbaren

Neuer Band über Fritz Fischer und die Historikerkontroverse

Anlässlich des 110. Geburtstags des auch in Erlangen stark beachteten Historikers Fritz Fischer lässt sein Erlanger Kollege Michael Peters in einem schmalen Band noch einmal eine Kontroverse aufleben, die dem 1999 gestorbenen Fischer die nötige historische Gerechtigkeit zukommen lässt.

ERLANGEN- Es war eine der größten und "aufregendsten" Historiker-Kontroversen der 60er Jahre: In seinem 1961 erschienenen Buch "Griff nach der Weltmacht" stellte Fischer erstmals die These auf, dass der Erste Weltkrieg durch die imperialistischen Weltmachtsambitionen des Deutschen Reiches ausgelöst worden war, dass das Deutsche Reich "im Vertrauen auf die deutsche militärische Überlegenheit es im Jahre 1914 bewusst auf einen Konflikt mit Russland und Frankreich ankommen ließ", es also "einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch des allgemeinen Krieges" trägt.

Damit lag Fischer, der in Oberfranken geboren worden war und u.a. in Erlangen studiert hatte, quer zur gesamten apologetischen zeitgenössischen deutschen Forschungsdiskussion, die die Ansicht vertrat, das Deutsche Reich habe 1914 aus einem Gefühl der Defensive gehandelt und trage keineswegs die Hauptschuld.

Für die Geschichtsforscher (und das westdeutsche Selbstverständnis) war diese These deswegen so brisant, weil sich mit dieser auch die Sicht auf Kaiserreich, Versailler Verträge, Weimarer Republik und den Aufstieg der Nationalsozialisten verband - also die Frage, ob sich Deutschland die Folgen des Ersten Weltkriegs selbst habe zuschreiben müssen oder ob dies Folgen eines "Siegerdiktats" waren.

Auf dem 26. Deutschen Historikertag 1964 in Berlin setzte sich Fischers Interpretation weitgehend durch. Aber auch neueste Veröffentlichungen fußen auf Fischers Vorarbeit, so die Studie des englischen Historikers Christopher Clark, der in seinem Buch "Die Schlafwandler Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog" die These ableitet, alle Kriegsparteien seien ohne Kenntnis ihres Tuns und dessen Folgen in den Konflikt geschlittert. Clark beruft sich ausschließlich auf Fischer und bezeichnet dessen Buch als "geschichtspolitischen Paukenschlag", der der Forschung eine neue Richtung eröffnet habe.

Der Erlanger Historiker Peters erinnert aber auch daran, dass Fischer ein streitbarer Geist geblieben sei. Peters selbst, der Mittlere und Neuere Geschichte, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft an den Universitäten Hamburg und Erlangen studiert hatte und 1991 promoviert wurde ist heute freiberuflich tätig.

P. Millian


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