Rainer Hackel

Rolf Schilling

- Apologie eines verkannten Dichters

Rezension


Der Dichter Rolf Schilling gehört zu den großen Einzelgängern der deutschen Gegenwartsliteratur. Konsequent beharrt er auf den klassischen lyrischen Formen und unterwirft seine Dichtung den Gesetzen von Reim und Metrum. Auch bei der Wahl seiner Themen ist Schilling seltsam aus der Zeit gefallen. Gegenwartsbezüge oder Kommentare zum Zeitgeschehen sucht man bei ihm vergebens. Stattdessen widmet er sich in seinen Gedichten neben der Natur vor allem den Mythen Europas und dem Pantheon des heidnischen Altertums. Dies hat Schilling in den 1990er Jahren zu einem Vorbild für deutsche Neofolk-Bands werden lassen, so vertonten etwa ORPLID einige von seinen Gedichten. Die selbstgewählte, solitäre Außenseiterposition hatte Rolf Schilling bereits zu DDR-Zeiten inne, und nach der Wende hat sich an dieser Position nichts geändert. Da verwundert es kaum, dass Rainer Hackels kürzlich im Bautz-Verlag erschienene Apologie die erste Monographie ist, die sich kritisch-analytisch mit dem lyrischen Werk von Rolf Schilling befasst.

In seinem Essay legt Rainer Hackel die wesentlichen Motive der Schilling'schen Dichtung frei, wobei er neben Natur und Mythos vor allem den Traum als wesentliches Sujet hervorhebt. Zudem bestimmt Hackel den geistes- und literaturgeschichtlichen Ort des Werkes von Schilling, wobei er als Bezugspunkte Hegel, Carl Schmitt, Ernst Nolte sowie die Dichter Goethe, Hölderlin, Hugo von Hofmannsthal und vor allem Ernst Jünger benennt. Zu Letzterem stand Schilling in engem Kontakt, zunächst nur brieflich, bis es nach dem Mauerfall auch zu persönlichen Begegnungen kam. Was Jünger und Schilling vor allem verbindet ist das Wissen um den schon weit fortgeschrittenen Niedergang der abendländischen Kultur, und Hackel versäumt es nicht, diesen Aspekt als einen Schlüssel für das Verständnis der Dichtung Schillings hervorzuheben. Der Zugriff Hackels auf seinen Gegenstand bleibt stets subjektiv und assoziierend, wodurch der Text einen frei schwebenden Charakter erhält und dem Leser Räume eröffnet werden, eigene Überlegungen zu den zitierten Primärtexten anzustellen.

Zum Abschluss seiner Ausführungen widmet sich Rainer Hackel noch der Beziehung zwischen Schilling und Arno Breker. Schilling hatte den greisen Bildhauer nach der Wende kontaktiert und wenige Monate vor dessen Tod in seinem Atelier besucht. Gemeinsam gestalteten Sie das Künstlerbuch Tage der Götter, das Dichtungen von Schilling mit Graphiken Brekers verbindet. Hackel analysiert vor allem Schillings Gedicht Schwertträger, das er in Beziehung zu Brekers Skulptur Bereitschaft setzt.

In die Irre führt allerdings der Untertitel des Buchs. Rainer Hackel liefert keineswegs eine vorbehaltlose Verteidigungsschrift, vielmehr stellt er auch die problematische Seite dar, die das von Schilling gewählte Verständnis vom Dichter und seinem Schaffen in sich trägt. Im Rahmen seiner Überlegungen und Meditationen zitiert Rainer Hackel ausgiebig aus den Gedichten Rolf Schillings, womit er nicht nur eine Einführung in sondern zugleich auch eine repräsentative Auswahl aus dessen Werk liefert. Und so regt die Lektüre von Hackels Apologie vielleicht manchen Leser dazu an, sich intensiver mit den Werken von Rolf Schilling zu befassen.

Michael Boss


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