Heiko Maus

Matthias Weckman

Das Leben des Hamburger Jacobi-Organisten und sein Schaffen für die Vox Humana

Rezension


Der vor allem als Hamburger Organist an der Hauptkirche St. Jacobi und Gründer des Hamburger Collegium Musicum bekannte Matthias Weckman gehört zu den wichtigsten Figuren in der Weiterentwicklung und Prägung der musikalischen Vokalgattungen des 17. Jahrhunderts: Der Schüler Heinrich Schützens verfasste eine bemerkenswerte Fülle an Vokalkompositionen, die seit einigen Jahren von der Musikpraxis wiederentdeckt werden.

Aus Anlass des 400. Geburtstags des 1616 in Niederdorla (Thüringen) geborenen Komponisten widmet sich eine überschaubare, aber lesenswerte Neuerscheinung insbesondere der Vokalmusik Weckmans. Der herrlich umständliche Untertitel der Weckman-Monographie des Hamburger Musikwissenschaftlers Heiko Maus schreit geradezu nach einer zeitgemäßen Ergänzung - "Das Leben des Hamburger Jacobi-Organisten und sein Schaffen für die Vox Humana, erzählt von einem Freunde". Denn Maus erweist Matthias Weckman den Freundschaftsdienst einer monographischen Annäherung, um ihn aus der immerwährenden Subsumierung unter die zahlreichen Meister der norddeutschen Orgelkunst zu lösen - und zugleich aus dem übermächtigen Schatten Dieterich Buxtehudes zu führen.

Maus beginnt seine Studie mit einer recht ausführlichen, dabei sehr unterhaltsam bebilderten Biographie Weckmans, den Stationen als Musiker und Organist nach Nykøbing und Dresden führten, bevor er ab 1655 bis zu seinem Tod 1674 in Hamburg nachweisbar ist. Sein überliefertes Vokalschaffen stammt sowohl vermutlich aus der Dresdner als auch aus der Hamburger Zeit; von besonderer Bedeutung für die Quellenlage in Hinsicht auf Weckmans Vokalschaffen ist - wie bei Tunder oder Buxtehude - die Stockholmer Sammlung Düben. Nach einem grundsätzlichen Kapitel zu den von Weckman vertonten Texten sowie den Aufführungsumständen kommt Maus zu wertvollen grundsätzlichen Erkenntnissen zur formalen Disposition der Vokalkompositionen. Maus' Darstellung von Melodik und Harmonik bei Weckman hätte mehr Anschlussfähigkeit an aktuelle Debatten zur Satztechnik im 17. Jahrhundert verdient, allerdings ist der von ihm erstellte Katalog von ‚Figuren' in Weckmans Musik eindrucksvoll und nützlich. Wenn der Autor die Motetten "Ich bin schwartz", "Mein freundt ist mein" und "freue dich des Weibes" als säkulare Gelegenheitskompositionen darstellt, irrt er allerdings - die gemeinsame Herkunft ihrer Texte ist das Hohelied Salomonis, wie auch dem Anhang des Buchs im Fall der erst genannten Kompositionen zu entnehmen ist. Ein zweiter Durchgang ist dem bislang eher unbekannt gebliebenen Liedschaffen Weckmans und seiner Kontextualisierung gewidmet; ein umfangreicher Anhang, der sowohl eine Reihe von Quellen dokumentiert als auch ein umfangreiches Literaturverzeichnis und ein Werkverzeichnis, rundet den kundig konzipierten Band ab.

Birger Petersen


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