Friedemann Richert

Über das Gute
Oder
Warum Platon recht hat und die Neuzeit sich irrt

Rezension


Friedemann Richert stellt in seinem Buch fest, dass sich unser neuzeitliches Denken und unsere Sprache grundlegend verändert haben. Viele Begriffe werden gegenwärtig missverständlich verwendet, vielfach ohne Kenntnis ihrer ursprünglichen Bedeutungszusammenhänge. Das führt zu Unklarheiten und Fehlinformationen. So setzt er sich beispielhaft mit dem Begriff und der Denkstruktur des Guten auseinander, dessen denkerische und sprachliche Wurzeln er in der Metaphysik Platons findet, in seiner philosophischen Lehre von der Idee des Guten der Wahrheit. Friedemann Richert fordert mit diesem Buch theologisch und philosophisch Interessierte auf, sich auf die Wurzeln unseres abendländischen Denkens neu zu besinnen und sich mit den griechischen Philosophen aktuell auseinander zu setzten. Vor allen Dingen mit Platon und Aristoteles, aber auch in kritischer Weise mit Nietzsche oder William James. Ganz im Sinne der humanistisch-reformatorischen Forderungen eines Philipp Melanchthon, der in seiner Schrift von 1523 (Encomion eloquentiae) die Lektüre klassischer Autoren fordert und in seiner Schrift von 1549 (Oratio de studiis linguae Graecae) den Bildungswert des Griechischen preist.

Wie Melanchthon fordert Richert dazu auf, sich als Theologe auf die Ursprünge von antiker Philosophie und christlicher Theologie zu besinnen. Nur so könne der geistigen Verwirrung und sprachlichen Unklarheit in der Gegenwart gewehrt werden. Nur wer Sprache in ihrer Tiefenstruktur wahrnimmt, versteht und verwendet, kann zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. So wird sprachliche Bildung zur Erkenntnisbildung und zur Grundlage ethischer und moralischer Bildung.

Sprachliche Erziehung, moralische Erziehung und religiöse Erziehung gehören in der abendländischen Denktradition untrennbar zusammen und führen so zu einer umfassenden Menschenbildung.

Wahre Menschlichkeit muss sich mit der Wahrheitsfrage, mit der Frage nach Gott und somit auch mit der Frage nach dem Guten auseinandersetzen. So zeigt Platons Rede vom Guten, das er "Angleichung an Gott" nennt, Aristoteles nennt es "Glückseligkeit", klare Bezüge zum 'reformatorischen Denken Philipp Melanchthons, der von "Gottes Bild im Menschen" spricht, wenn er das christliche Menschenbild beschreibt.

Wer wieder einmal Lust verspürt, sich mit klassischer Philosophie und ihrer fruchtbaren Weiterentwicklung in der christlichen Theologie auseinanderzusetzen und ihren Folgen und Widersprüchlichkeiten in unserem neuzeitlichen Denken nachzuspüren, dem sei Friedemann Richerts Buch als Einstiegslektüre und Appetitmacher ans Herz gelegt.

Kurt Wolfgang Schatz


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