Brigitte Bulla

Auf den Spuren von Paul Haendler
1833-1903

Kirchen- und Historienmaler

Zeitungsartikel


Der Luther von Magdeburg

Paul Haendler aus Altenweddingen war Kirchen- und Historienmaler. Für die Aula des Domgymnasiums der Elbestadt schuf er zwei Wandgemälde. Eines zeigt den Reformator.


Rom forderte den Wittenberger Reformator Martin Luther zum Widerruf seiner 1517 vorgelegten Thesen auf. Ihm wurde eine päpstliche Urkunde zugestellt, damit er – so die katholische Forderung – widerruft. Doch Luther inszenierte eine Verbrennung und übergab die Bannbulle den Flammen – ein Bruch mit Rom.

Diesen aufgeladenen symbolischen Akt griff einst Paul Haendler auf, ein Kirchen- und Historienmaler, der am 16. März 1833 in Altenweddingen geboren wurde. Er gestaltete 1882 und 1883 die neue Aula des damaligen Domgymnasiums Magdeburg mit zwei Arbeiten, darunter auch die Luther’sche Verbrennaktion. Es war Haendlers Geschenk an jene Schule, an der sein Vater unterrichtete und die auch er selbst als Schüler besuchte. In einem Jubiläumsbuch sind beide Werke zu sehen.

Es sei zum einen die Predigt Paulus in Athen und zum anderen Luther mit dem Schriftstück über dem Feuer, sagt Brigitte Bulla und erzählt, dass sie viel zu diesen Wachsfarben-Wandgemälden recherchiert habe. Die seien nach verheerenden Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg und vielen nachfolgenden baulichen Veränderungen nicht mehr zu sehen. Zerstört oder übermalt? Bulla weiß es nicht. Aber: Eine Ölskizze ist erhalten geblieben. Sie zeigt Luther samt Feuer und Rauch vor dem Elstertor zu Wittenberg. Und diese Ölskizze gehört Brigitta Bulla.

Sie wohnt im niedersächsischen Wilhelmshaven und hat vor einigen Tagen den Kontakt zur Magdeburger Volksstimme gesucht. Weil sie von Haendler, seiner Beziehung zur Elbestadt und diesem Kunstwerk erzählen wollte, das ihr im Oktober 2023 geschenkt wurde – von Paul-Haendler-Nachfahren. „Als Dankeschön“, sagt die 84-Jährige und schickt per Mail nicht nur ein Foto vom Gemälde, sondern auch das Fragment eines Zettels, das auf der Rückseite am Holzrahmen befestigt war: „Dies ist eine Skizze, für die Aula des Gymnasiums in Magdeburg gemacht worden. Das Bild hat Paul Händler gemalt. Er war mein Großvater ...“ (Der Name mit ä geschrieben – aufgrund eines fehlerhaften Kirchenbucheintrages wurde es später zu einem ae).

Brigitte Bulla erzählt, dass sie dieses Geschenk als Anerkennung für ihre jahrelange Arbeit sehe. Bis Rom war Bulla unterwegs, weil Haendler im Winter 1858/1859 nach Italien aufbrach und in der Ewigen Stadt zu einem deutschen Künstlerkreis gehörte. In einer 2015 von ihr herausgebrachten Publikation hat sie ihre Nachforschungen zur Biografie, zum Leben und zum weit verstreuten Werk des gebürtigen Altenweddingers zusammengetragen. Es gibt darin einen großen Bildanhang. Abgebildet ist auch der Altarraum der St.-Martinus-Kirche zu Altenweddingen mit drei Fotografien. Haendler hatte im Jahr 1871 „Der Gekreuzigte“ und „Die Auferstehung“ für diese Bördekirche gemalt.

Aber wie stieß sie überhaupt auf diesen Maler, der seine Wurzeln in der Magdeburger Gegend hat und den kaum noch jemand kennt? Die Rentnerin erzählt, wie sie in ihrer Heimatstadt Wilhelmshaven auf ein Altargemälde aufmerksam wurde, unterzeichnet: „Paul Haendler“. „Mit dem Namen konnte niemand etwas anfangen. Er war wie so viele Kirchenmaler des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit geraten.“ Für die Wilhelmshavenerin war dieses Altarbild Anlass, sich mit dem Maler intensiver zu beschäftigen. „Bald wusste ich, dass der Künstler, Sohn eines Pfarrers, das Domgymnasium in Magdeburg besucht hat. Er studierte Malerei in Berlin und Düsseldorf und arbeitete schließlich als Professor an der Königlichen Kunstschule in Berlin.

Haendler hat in vielen Orten seine Spuren hinterlassen. Verstreut sind sie in Kirchen in Deutschland und dem heutigen Polen. Brigitte Bulla schreibt ins Mail, dass in London am 27. Februar wieder ein Haendler versteigert werde. Sie ruft noch einmal an und freut sich: Von wegen vergessen, sagt sie.

GRIT WARNAT


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