Jörn Bohr und Matthias Wunsch (Hrsg.)

Kulturanthropologie
als Philosophie des Schöpferischen

Michael Landmann im Kontext

Philosophische Anthropologie
Themen und Positionen, Band 12

Rezension


Der Sammelband, der auf eine von Gerald Hartung veranstaltete Tagung an der Bergischen Universität Wuppertal am 12. und 13. Dezember 2013 zurückgeht, erinnert an den wichtigen, aber inzwischen sehr zu Unrecht fast vergessenen Philosophen Michael Landmann (1913-1984). Landmann, der lange Jahre in Berlin Philosophie gelehrt hat, war eine interessante und facettenreiche Gestalt der deutschen Philosophie. Durch seine Eltern, Julius und Edith Landmann, die dem George-Kreis verbunden waren, dem er mehrere Monographien gewidmet hat, war Landmann Nestor der deutschen Simmel-Forschung und vor allem - neben Erich Rothacker - bedeutendster Vertreter einer Kulturanthropologie, die man im Übrigen nicht mit der amerikanischen "Cultural Anthropology", d.h. der Ethnologie, verwechseln darf.

Landmann, der sich u. a. durch Georg Simmel und Nicolai Hartmann beeinflusst zeigte, war wegweisender Vertreter einer Kulturanthropologie und einer Philosophie des "objektiven Geistes", die auch in der Tradition von Hegel, Moritz Lazarus und Dilthey stand. Seine wirkungsreiche Formel "Der Mensch als Schöpfer und Geschöpf der Kultur" - der Titel seines kulturanthropologischen Hauptwerks von 1961 - stellt prägnant die Intention seiner Kulturphilosophie heraus, die darauf zielt, die beim Individuum ansetzenden philosophischen Anthropologien von Max Scheler, Helmuth Plessner und Arnold Gehlen zu überwinden und um die wichtige Dimension der Kultur und des "objektiven Geistes" zu erweitern.

Der von Jörn Bohr und Matthias Wunsch herausgegebene, sehr lesens- und empfehlenswerte, informative Sammelband stellt sich die Aufgabe, Landmanns kulturanthropologisches Denken in seinen philosophiehistorischen Kontexten zu rekonstruieren und die Rezeptions- und Aktualisierungsmöglichkeiten seiner Kulturanthropologie angesichts aktueller theoretischer Tendenzen und Konstellationen zu überprüfen und auszuloten.

Leider fehlt eine Landmann-Bibliographie. Die Beiträge von u. a. Joachim Fischer, Frank Tremmel, Matthias Wunsch, Gerald Hartung, Jörn Bohr, Friedrich Schollmeyer, Johannes Duschka und Herbert Kopp-Oberstebrink beleuchten zahlreiche Themenfelder von Landmanns Denken, wie Kreativität, Geschichtsdenken, objektiver Geist, Systematik anthropologischer Kategorien ("Anthropina"), Bildung, Tradition und Individualität.

Hans- Ulrich Lessing


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