Armin Wildermuth

Findlinge

Gefundenes und Erfundenes

libri nigri Band 38

Rezension


Die Reihe der libri nigri des Verlages Traugott Bautz schreibt sich ein produktiv-positives „Grenzgängertum“ auf die Fahnen, das sich an Orten bewegen möchte, „an denen die Grenzen von Wirklichkeitsbereichen, Standpunkten, Fachrichtungen sowie Kultur- und Wissenstraditionen in den Blick geraten und ihre Voraussetzungen verhandelbar werden“. In dieser Reihe erschien im vergangenen Jahr der Band Findlinge von Prof. em. Dr. Armin Wildermuth, der den von der Reihe erhobenen Anspruch in erstaunlich vielfältiger und um überraschende Erkenntnisse nicht verlegener Art und Weise gerecht wird.

Die von dem Autor selbst so charakterisierte „merkwürdige Mittellage“ eines oszillierenden Denkens, das sich zwischen dem Transzendentalen und der Erscheinung verortet und in einer breit gefächerten Sammlung von philosophischen Aus- und Einblicken Gegenden der Kunst, Gesellschaft, Kultur und Theologie umfasst, tritt ausdrücklich in die Fußstapfen des Existenzphilosophen Heinrich Barth, mit dem sich Armin Wildermuth während seines gesamten philosophischen Werdegangs intensiv auseinandergesetzt hat. Sei es in der phänomenologisch-phansiologischen Reflexion eines Nachmittages auf der Veranda, in der Auseinandersetzung mit der Literatur Robert Walsers, in dem blitzlichtartigen Blick auf die Existenzphilosophie Karl Jaspers oder die Heinrich Barths, in der Betonung und Würdigung der Vollzugshaftigkeit des Malens bei den Jungen Wilden, in der Hervorhebung der Erscheinungshaftigkeit der menschlichen Stimme und des menschlichen Antlitzes, in der Erweiterung des chronologisch-horizontalen Geschichtsverständnisses um ein vertikal Transzendental-Transzendierendes, in der Heraushebung des unablässig präsenten Dass der Schöpfung, das sich der Frage nach dem wie der Schöpfung an die Seite stellt und zuletzt in dem Versuch einer Zusammenschau von Atheismus und Glaubenswahrheit: Überall tritt an die Stelle der landläufig angenommenen „Wirklichkeit“ das Anliegen des Autors, das oft übersehene „Erscheinen“ in seinem „Sich-Ereignen“ und „Sich-Offenbaren“ in den Blick zu nehmen. Dadurch entsteht eine Mitte, ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Ich und Welt, die in ihrem Dass eine konstante Präsenz erweist.

Eine erstaunliche und erhellende Sammlung von Findlingen, denen der Leser auf seinem Weg durch das Buch begegnet. Auch wenn er, wie bei ihren natürlichen Namensgebern, den „Teufelssteinen“, die fremd in Landschaften und Wäldern liegen, zunächst nicht erkennen kann, woher sie stammen und aus welchen Zusammenhängen sie einmal erwachsen sind: Denkanstöße sind es in jedem Fall.

Johanna Hueck, Bernkastel-Kues


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