Hans Serner

Das Kehrbergische Wunderkind

Dokumentation einer Tragödie

Rezension


Lindenberg I Ein wahrer Marathonlauf liegt hinter Hans Serner aus Lindenberg in der Prignitz: Acht Jahre lang verfolgte er die Spuren des kleinen Johann Ludwig Hohenstein, besser bekannt als der Wunderknabe von Kehrberg (1731 bis 1736). Unzählige Stunden verbrachte Hans Serner in Archiven in Berlin und Brandenburg, arbeitete sich dabei durch Akten und Bücher und sammelte Kopien in acht dicken Ordnern. Nun liegt das Ergebnis seines Geschichtsstudiums vor: Das 331 Seiten dicke Buch mit dem Titel "Das Kehrbergische Wunderkind - Dokumentation einer Tragödie". Drei Jahre lang hat er daran geschrieben. Dieses Werk sucht seinesgleichen. Noch nie wurde der Wunderknabe von Kehrberg in diesem Umfang unter die Lupe genommen. "Das Buch spiegelt nicht nur Regionalgeschichte wieder, sondern ist etwa auch ein Streifzug durch die Geschichte der Medizin und Religion", so Serner. Dennoch betont er: "Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe ich nicht." Mehrere Fragen sind nach wie vor ungeklärt. Dazu gehört auch das Sterbedatum des damals fünfjährigen Jungen.

Seit 2004 lebt Hans Serner in der Prignitz und hat sich vor allem mit dem Lindenberger Marion-Etten-Theater einen Namen gemacht. Nun offenbart er mit dem vorliegenden Buch seine Leidenschaft für Geschichte. 2005 besuchte er in Lindenberg einen Vortrag über den Wunderknaben. "Das Thema musste ich gar nicht suchen, mich interessieren einfach immer die Personen hinter der Geschichte", sagt er. Der Wunderknabe fesselte ihn. "Ich hatte keine Ahnung, in welche Sache ich mich da hineinstürze. Ich wollte wissen, welche Dokumente erforderlich sind, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen." Alles um die Person des Wunderknaben stellte er in Frage, suchte schrittweise nach Antworten und merkte, dass diese Methode sinnvoll ist. Immer wieder kreiste er um eine Frage: Wie gehen Menschen mit Außenseitern um? Für Serner hat die Geschichte somit auch Modellcharakter. Zunächst las Hans Serner im Geheimen Staatsarchiv in Berlin die 300 Seiten starke Polizeiakte über den kleinen Johann Ludwig Hohenstein. Zehn Literaturquellen gaben ihm die erste Richtung vor. Doch immer weiter verzweigten sich die Spuren seiner Archivarbeit und führten sogar bis in die Niederlande. Etliche Spuren verliefen im Sande. "Vieles bleibt geheimnisvoll, weil Dokumente von damals nicht mehr existieren", stellt Hans Serner nüchtern fest. Doch eines scheint ihm gelungen zu sein: Er zerschlägt Klischees über die damalige Zeit, lässt die Dokumente sprechen und nimmt sich dabei mit seiner Interpretation zurück.

Dieses Buch ist die Johann-Ludwig-Hohenstein-Enzyklopädie, denn es ist ein exzellentes Werk auf breitester historischer Basis, urteilt Roland Busch aus Rostock. Busch ist promovierter Mediziner und beschäftigt sich seit mehreren Jahrzehnten ebenfalls mit dem Wunderknaben.

Acht Jahre Spurensuche

331 Seiten zur Geschichte des Wunderknaben von Kehrberg

Christamaria Ruch


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