Philipp Thull, Hermann Josef Scheidgen (Hrsg.)

Lasst euch versöhnen mit Gott

Der Heilige Rock als Zeichen der ungeteilten Christenheit

Rezension


Im Jahr 2012 ist die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier zum zweiten Mal ausdrücklich als ökumenische Christuswallfahrt begangen worden. Es ist von daher verständlich, dass die von Anfang an bewusst intendierte ökumenische Ausrichtung dieser Wallfahrt gerade angesichts der jahrhundertelangen reformatorischen Kritik dazu herausfordert, neu darüber nachzudenken, was ein solches Ereignis für die Ökumene und das Miteinander der christlichen Kirchen zu bedeuten hat. In diesen Kontext gehört die vorliegende Publikation, die mit Geleitworten des Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, des Oberbürgermeisters der Stadt Trier, Klaus Jensen, des Bischöflichen Beauftragten für die Geistlichen Gemeinschaften und das Gebetsapostolat im Bistum Trier, Helmut Gammel, sowie des Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises Trier, Christoph Pistorius, gewichtig daher kommt und insofern einen hohen Anspruch aufstellt, den die Beiträge aber doch nur zum Teil erfüllen können.

Das liegt zum einen daran, dass hier nach Art und Inhalt recht unterschiedliche Aufsätze versammelt sind und eher essayhafte Beiträge neben ausdrücklich wissenschaftlichen Studien stehen, die entsprechende theologische Grundkenntnisse voraussetzen. Abgesehen von den ersten drei Beiträgen, die sich exegetisch und geschichtlich mit der Thematik der Heilig-Rock-Wallfahrt befassen, behandeln die weiteren Aufsätze von unterschiedlichen Ansätzen oder Themenstellungen her Fragen der Ökumene, sie können aber (wohl verständlicherweise) nur zum Teil ausdrücklich auf das Symbol der Wallfahrt zum Heiligen Rock eingehen. Gerade die katholischen Beiträge widmen sich in ganz unterschiedlicher Art und Weise den Wandlungen, die sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und seiner ökumenischen Weichenstellung ergeben haben. Sie bieten bei aller gemeinsamen Grundlage durchaus differierende Interpretationen sowohl der Ökumenischen Lage wie auch der grundlegenden Konzilsaussagen und geben insofern ein Spektrum dessen wieder, was innerhalb der römisch- katholischen Kirche zur Ökumene gedacht wird. Aufgrund dessen lässt es sich aber nicht vermeiden, dass es zwischen den einzelnen Beiträgen zahlreiche Überschneidungen gibt, gerade was die grundlegenden Weichenstellungen des Konzils betrifft.

Zum anderen fällt auf, dass die Mehrzahl der Verfasser/-innen der römisch-katholischen Kirche angehört. Daneben finden sich einige Beiträge aus evangelischer Sicht sowie ein Aufsatz aus altkatholischer Hand. Die orthodoxe Christenheit, von der freikirchlichen Theologie ganz zu schweigen, kommt in diesem Band leider gar nicht zu Wort. Hier hatte vielleicht eine stärkere Vorgabe von Seiten der Herausgeber ein inhaltlich homogeneres und zugleich ökumenisch breiteres Erscheinungsbild möglich machen können. Insofern fällt es schwer, ein Fazit des Bandes zu ziehen, ohne in die ausdrückliche Bewertung der einzelnen Beiträge einzugehen, was den Rahmen dieser Rezension eindeutig sprengen würde. Man kann daher nur wünschen, dass gerade den wissenschaftlich-theologischen Beiträgen dieses Bandes (u. a. zu den ökumenischen Impulsen des Epheserbriefes, zu den christologischen Grundlagen der Ökumene oder zur Kollegialität der Bischöfe) nicht das Schicksal anderer Festschriften oder Sammelbände droht und ihre Impulse und Anregungen nicht wirklich wahrgenommen und theologisch weitergeführt werden. Und eine Frage zum Schluss: Warum hat dieser Band eigentlich nicht das ökumenische Leitwort der Heilig-Rock-Wallfahrt "…. und führe zusammen, was getrennt ist" als Titel aufgenommen?

Burkhard Neumann


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