Hans-Christoph Goßmann / Joachim Liß-Walther (Hrsg.)

Gestalten und Geschichten der Hebräischen Bibel

in der Literatur des 20. Jahrhunderts

Jerusalemer Texte, Band 6

Rezension


Die Bibel im Spiegel er Literatur

Die Bibel als Buch des Glaubens und der Menschheitsgeschichte hat unsere Kultur so nachhaltig geprägt wie kaum ein anderes Werk. In der Musik und der bildenden Kunst finden biblische Motive genauso ihren Niederschlag wie in der Literatur. "Es ist kein Wunder, dass gerade im 20. Jahrhundert viele Autoren auf Geschichten und Gestalten des Alten Testaments Bezug nahmen, um vor dem Hintergrund biblischer Archetypen Phänomene wie Fanatismus und Machtversessenheit zu demaskieren", so Joachim Liß-Walther. Zur Woche der Brüderlichkeit stellte der Pastor i.R. und Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit SH das Buch "Gestalten und Geschichten der Hebräischen Bibel im Spiegel der Literatur des 20. Jahrhunderts" vor. Es enthält 14 Aufsätze, in denen biblische Motive in literarischen Werken analysiert werden. Zu den Autoren zählen neben dem Herausgeber auch Propst i.R. Jörgen Sontag und Frauke Dettmer, ehemalige Leiterin des Jüdischen Museums Rendsburg. Auch sie lasen im Literaturhaus Auszüge aus ihren Essays.
Während Liß-Walther sich mit Jaákobs Traum dem Prolog eines unvollendeten Dramas von Richard Beer-Hofmann widmet, wendet Frauke Dettmer sich einem bekannteren Werk zu. "Hiob in der großen Stadt - Alfred Döblins ‚Berlin Alexanderplatz'" lautet der Titel ihres Aufsatzes, der dem Hiob-Motiv als "metaphysischem roten Faden" des Großstadtromans von 1929 nachgeht. Der Beitrag von Jörgen Sontag beschäftigt sich mit Elie Wiesel. Wie der 1938 in die USA ausgewanderte Beer-Hofmann und Döblin, der vom jüdischen zum katholischen Glauben konvertierte, erfuhr Wiesel eine jüdisch-othodoxe Erziehung. Als 14-Jähriger überlebte er Auschwitz und wurde 1945 aus Buchenwald befreit - eine Erfahrung, die sein Leben und Schreiben bis heute prägt. In Wiesels Jakobs Kampf erkennt Sontag anhand eines Porträts von Isaak autobiografische Bezüge. "Isaak hat den Opfergang Abrahams überlebt wie das jüdische Volk seine Verfolgung", so Wiesel. "Es kommt darauf an, was man aus seinem Leiden macht. Isaak verwandelte es in Liebe."
Zu weiteren in dem Band behandelten Autoren gehören auch Uwe Johnson, Stefan Zweig und Thomas Mann.

Sabine Tholund


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