M. Porsche-Ludwig und J. Bellers (Hrsg.)

Perspektiven neuen Denkens

Proto-Politik, lokales Wissen, Via Bukolika,
konservativ versus extrem

KONSERVATIV !

Schriften des Faches Internationale Politik an der Universität Siegen, Band 1

Rezension


Konservatismus, heißt es einleitend, sei ein "weites Feld" (7). Doch eines seiner Wesenselemente sei, "dass der Mensch nicht viel weiß (außer dem Glauben), und daher lieber nicht viel ändern soll". Dies erinnert den Leser nicht nur von ungefähr an eine zuweilen verhängnisvolle christliche Duldungsethik. Im Folgenden heißt es, das Hinnehmen von Dingen, "der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen" (7), sei schließlich schon im Buch Hiob formuliert. Porsche-Ludwig bemüht sich in gewisser Weise in seinem Beitrag um eine ethische Fundierung der Politikwissenschaft, indem er die normative Kraft seines Konzepts der Proto-Politik postuliert. Aber die Ermöglichung der "Freiheitsfähigkeit" (31) des Menschen aus einer "ur-konkrete[n] Erfahrung" (18) bleibt reichlich vage. Die heutige Politikwissenschaft sei eine rein "positivistisch-quantitative Politikwissenschaft" (11). Dieser einseitigen Behauptung folgt eine aus Heideggers Denken gespeiste Erörterung, der zufolge ein bloßer Ansatz der Kausalität im Erklären dem Menschen nicht gerecht werde. Erst eine "Offenheit von Sein […] und das Hören des Menschen auf die Natur, als Abgründiger, im Sein stehender" (17), ermögliche es, eine neue Ethik zu formulieren. Damit führt der Autor wieder (vgl. u. a. die Annotationen mit den Buch-Nr. 37934 oder 37900) einen nebulösen Diskurs der Letztbegründungen und Ursprünglichkeit. Wolfgang Gieler kritisiert, dass die Entwicklungspolitik im Kern darauf ziele, "die Herrschaft des Machtzentrums dieser Welt über die abhängige Peripherie zu stärken" (37). Dies bedeute, erläutert er am Beispiel Nigerias, dass "wirkliche" (38) Entwicklung nur durch einen Bruch mit dem heutigen internationalen System stattfinden könne und auf den eigenen historischen Wurzeln der Dritten Welt beruhen müsse. Abschließend argumentiert er sehr eigen, dass den dargestellten Ethnien bei aller Unterschiedlichkeit ihre Heterogenität gemeinsam sei und plädiert in Anlehnung an die Idee "eines guten Führers" für die alten Eliten, die sich "wahrscheinlich" (55) immer um die Gesundheit des Volkes gesorgt hätten.

Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg


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