Claus Bernet

Quäker aus Politik, Wissenschaft und Kunst.

20. Jahrhundert.

Ein biographisches Lexikon.

Rezension


Sie nennen sich: "Religiöse Gesellschaft der Freunde", nach Johannes 15,15. Wenn du wissen willst was Jesus dort sagt, dann sei flexibel - lies die Bibel! "Quäker" war ursprünglich ein Spitzname wie "Christen". Beide Spitznamen haben sich allgemein durchgesetzt. Quäker sind Christen, die glauben, dass der Geist Gottes am besten zu uns Menschen sprechen kann, wenn wir still werden.

Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Wozu sind wir auf der Welt?

Gilbert MacMaster zum Beispiel kam her aus den Vereinigten Staaten von Amerika, und zwar ganz genau aus Poland in Ohio. wo er 1869 geboren wurde. Sein Vater war Prediger bei den Presbyterianern, seine Mutter stammte aus einer bäuerlichen Quäkerfamilie. Als junger Mann arbeitete Gilbert in der Landwirtschaft, war danach angelernter Hiwi beim Bau von Erdgasleitungen und später in einer Röhrenfabrik. Vom selbstverdienten Geld finanzierte er seine Weiterbildung die er mit dem akademischen Grad Bachelor of Science abschloss. Er zog nach Boston und wurde dort Reisevertreter in der Schuhindustrie.

Gilbert MacMasters ging 1899 hin nach Hamburg, um dort eine Filiale aufzubauen. Dort nahm er das allgemeine deutsche Fräuleinwunder wohlwollend zur Kenntnis. Im besonderen heiratete er am 6.12.1901 die Hamburgerin Marga Kroll. Mit ihr gründete er 1904 eine eigene Unternehmung für Schuhbedarfsartikel, blieb im Lande und nährte sich redlich bis zum arnerikanischen Start in den Ersten Weltkrieg. Wie in solchen Fallen global üblich, mussten die MacMasters im deutschen Feindland ihre Zelte abbrechen, das Geschäft aufgeben und Hamburg verlassen. Erst begaben sie sich nach Basel. Später, als der Krieg vorbei war, kehrte MacMaster zurück nach Nordamerika, nun mit einer deutschen Frau an seiner Seite.

1920 meldete er sich bei der Quäkerhilfe, dem American Friends Service Commitee, um die Kinderspeisung in Europa zu unterstützen. Dazu sah sich MacMaster in jenen Zeiten auf der Welt und kehrte deshalb zurück nach Deutschland. Gemeinsam mit seinem Schwager Karl Kroll richtete er Essensausgabestellen ein in Kiel, Bremen und Wilhelmshaven. Im Juli 1920 übernahmen sie den Bezirk München und waren ziemlich schnell für die Speisung von 55.000 Kindern in 63 Orten verantwortlich.

Quäkerlogistik führt Hilfe zur Selbsthilfe dorthin, wo die Not am größten ist. 1922 zog MacMaster nach Berlin, um von dort aus für russische Krankenhäuser medizinischtechnische Ausstattungen zu organisieren, vor allem für die Kinderklinik der Moskauer Universität.

Danach brachte die Weltwirtschaftskrise den kleinen Leuten neue Armut in nie gekanntem Ausmaß. Bislang hatten die MacMasters zum New Yorker 15th Street Meeting gehört. Im Sommer 1923 trat das Ehepaar der Deutschen Jahresversammlung bei. (Die Organisationsform der Quäker sind regelmäßige Versammlungen, in denen dann gemeinsam entschieden wird, was zu tun und was zu lassen ist.)

Täglich waren jetzt in Deutschland Mahlzeiten für 6oo.ooo Kinder zu organisieren, die sogenannten "Quäkerspeisungen".

Gilbert MacMaster widmete dreißig Jahre seines Lebens dem Quäkerdienst in Mitteleuropa. Er verband Sachkenntnis, Intelligenz und Menschenliebe mit der Tugend des stillen Helfens. Die Kinderspeisung ist in Deutschland zu einem Mythos geworden ("Unsere Feinde kamen mit der Suppe!"), ihr Organisator fast vergessen. Das ist nicht so schlimm. Kein Quäker will sich einen Namen machen. Wir sollten nur nicht vergessen, dass alles schon von allein nach unten fällt, aber jede Aufwärtsbewegung braucht mindestens einen Schieber.

Unser Leben ist ein Zeugnis; für Quäker ein soziales und ein Friedenszeugnis. Wer mehr über Quäkerleben wissen will, dem sei vollen Herzens empfohlen das biographische Lexikon von Claus Bernet: "Quäker aus Politik, Wissenschaft und Kunst. 20. Jahrhundert", erschienen im Verlag Traugott Bautz, 221 Seiten mit Paß- und anderen Fotos, broschiert, 20.00 Euro. III
Herbert-Friedrich Witzel


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