Claus Bernet

Quäker aus Politik, Wissenschaft und Kunst.

20. Jahrhundert.

Ein biographisches Lexikon.

Rezension


Die "Religiöse Gesellschaft der Freunde", so die offizielle Bezeichnung der Religionsgemeinschaft der Quäker, hatte in Deutschland nie sehr viele Mitglieder. Unter den derzeit etwa 300 000 Personen, die sich weltweit zu ihr bekennen, leben heute gerade einmal etwa 270 in der Bundesrepublik; die 1925 gegründete "Deutsche Jahresversammlung" der Quäker zählt für die gesamte Dauer ihres Bestehens gut 1300 Mitglieder. Dennoch haben Quäker das öffentliche Leben in Deutschland mitbeeinflußt, was nicht zuletzt auf die weltbezogene, pazifistische und karitative Ausrichtung ihres Bekenntnisses zurückzuführen ist. Claus Bernet hat 44 Lebensbilder von Quäkern zusammengestellt, die entweder - wie Hans Albrecht und Heinrich Becker - für die Bewegung selbst oder durch ihr Wirken für eine größere Öffentlichkeit besondere Bedeutung erlangt haben. Die jeweils zwischen einer und sechs Seiten umfassenden Biographien enthalten viele Daten; und Details zu den dargestellten Persönlichkeiten; sie sind mit einem Porträtfoto versehen, verweisen aber weder auf das Werk der Biographierten noch aufweiterführende Literatur. Unter den Porträtierten finden sich nur wenige große Namen, wie jene der Reformpädagogin Elisabeth Rotten, des Volkswirtschaftlers und Naumann-Vertrauten Gerhart von Schulze-Gaevernitz, des Politikwissenschaftlers Milton Mayer und des Schriftstellers Alfons Paquet. Dafür gibt es eine Reihe interessanter Persönlichkeiten der zweiten Reihe zu entdecken, so etwa den Kristallographen Carl Hermann, die bayerische Landesvorsitzende der SPD Lisa Albrecht, den evangelischen Theologen Emil Fuchs oder die Widerstandskämpferin Gertrud Luckner. Deutlich wird an den Biographien, daß sich die Quäker aus allen Gesellschaftsschichten rekrutieren und der Glaube mit verschiedenen politischen Überzeugungen vereinbar ist (wenngleich ein großer Anteil SPD-naher Quäker auffällt). Die Aufnahme von nicht-deutschen Persönlichkeiten in das Buch gerade aus der Frühphase des 20. Jahrhunderts läßt die Impulse erahnen, die die deutsche Bewegung in ihrer Formationsphase aus dem Ausland bekam. An den Lebensläufen erkennbar ist auch, daß die Quäker in der NS-Zeit im Unterschied zu anderen religiösen Gemeinschaften wie der ,Neuapostolischen Kirche' nicht aufgrund ihres Bekenntnisses Verfolgungen ausgesetzt waren, gleichsam aber häufig wegen einer pazifistischen bzw. sozialen Haltung gegenüber verfolgten Minderheiten Repressionen zu erleiden hatten.
Stefan Jordan


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