Friedemann Green

Kirche in der werdenden Großstadt

Landeskirche und Stadtmission in Hamburg zwischen 1848 und 1914

Rezension


In dieser theologischen Hamburger Dissertation von 1992 wird die Rolle und das Verhalten der Kirche und kirchlicher Kreise in der werdenden Großstadt Hamburg in den Jahren 1848 bis 1914 untersucht. Wie haben sie angesichts des komplexen Veränderungsprozesses, den wir heute mit Begriffen wie Urbanisierung, Modernisierung, Industrialisierung, gesellschaftliche Pluralisierung und Differenzierung umschreiben können, agiert und reagiert? Der Wirkungskreis der verfaßten Evangelisch-Lutherischen Landeskirche wuchs aufgrund ihrer Parochialstruktur im Rahmen der allgemeinen Ausdehnung des städtischen Siedlungsgebiets. Im Bau von neuen Kirchen wurde dies zeitversetzt erst in den 1880er Jahren sichtbar; von 1882 bis 1912 entstanden in Hamburg 20 neue Kirchen. Neben der Landeskirche versuchte der 1848 auf Anregung von Johann Hinrich Wichern gegründete Verein für Innere Mission mangelnde kirchliche Versorgung auszugleichen. Nach einem Überblick über die Stadtentwicklung untersucht Green zunächst die Haltung der Hamburgischen Landeskirche angesichts der Urbanisierung. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt aber auf der Stadtmission, die in drei Kapiteln auf über 100 Seiten ausführlich behandelt wird. Abgeschlossen wird die Arbeit durch zwei Kapitel, die das Verhältnis von Landeskirche und Stadtmission sowie die Ambivalenz der Stadtmission in den Blick nehmen. Der Anhang enthält einige ausgewählte Quellen.

Mit diesem Buch liegt erstmals eine größere wissenschaftliche Arbeit zur Hamburger Stadtmission vor. Zuvor stand lediglich die Festschrift zu deren 50jährigem Bestehen von Friedrich Mahling aus dem Jahre 1898 zur Verfügung. Greens Arbeit ist auch für die Geschichte Stades im 19. Jahrhundert nicht ohne Bedeutung, denn bereits 1844 gab Wichern in seinen "Fliegenden Blättern" bekannt, daß dort ein Verein für innere Mission gestiftet worden sei. Insgesamt wäre dem Buch ein Register und eine bessere Bindung zu wünschen gewesen.

Volker Herrmann, Heidelberg


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