Jacob Emmanuel Mabe

Wilhelm Anton Amo interkulturell gelesen

Interkulturelle Bibliothek, Band 31

Rezension


Eine interessante Blickweise auf die Geschichte eines Afrikaners, der im 18. Jh. in Deutschland aufwuchs, stammt aus der Feder eines Afrikaners. Jacob Emmanuel Mabe, ein in Berlin lehrender Philosoph, untersucht das philosophische Erbe von Wilhelm Anton Amo. Amo setzte sich mit so gut wie allen damals diskutierten wichtigen Fragen der Philosophie, von der Metaphysik über die Logik und Erkenntnistheorie bis zur Politiktheorie und Sprachphilosophie, auseinander. Mabe, ein ausgewiesener Kenner der interkulturellen Philosophie, versucht das schriftliche Werk Amos in einer auch für den Nichtfachmann verständlichen Sprache zu erklären. Auch wird die Frage nach der Bedeutung Amos für die Weltphilosophie gestellt. Um diese weitergehend zu diskutieren, wäre es sicherlich von Vorteil, die schriftlichen Hinterlassenschaften Amos einem größeren Leserkreis vertraut zu machen. Einige seiner Schriften sind bereits in den 60er Jahren von der Universität Halle veröffentlicht worden, indes nur in geringer Auflage. Bei den biographischen Daten und in seinen Wertungen hätte der Verfasser durchaus die einschlägige Forschungsliteratur stärker berücksichtigen können. So hat Burchard Brentjes nicht nur im Jahre 1976 die erste Biographie von Amo verfaßt, sondern zu ihm in den Jahren danach noch eine ganze Reihe weiterer Veröffentlichungen vorgelegt. Auch M. Firla und P. Martin haben zu Amo neue Forschungsergebnisse präsentiert. Selbst ein Theaterstück, ein Roman und ein Tanztheater sind in den letzten zehn Jahren über dessen Leben entstanden.

Solche Popularität hätte analysiert werden müssen. Ansonsten ist die Broschüre, die eine Lektorierung (die vielen Druckfehler sind mehr als ärgerlich!) verdient hätte, durchaus zu empfehlen. Schließlich ist auch die Familiengeschichte von Nayo Bruce aus der Feder der Schweizerin Rea Brändle zu erwähnen, die schon des öfteren zu Aspekten der Geschichte der Familie Bruce publiziert sowie ein Standardwerk über Völkerschauen vorgelegt hat. Bruce stammt aus Togo, als dieses westafrikanische Land noch deutsche Kolonie war. Er zog zwanzig Jahre mit mehreren Ehefrauen und einer Showtruppe durch Europa. Die vorliegende Studie zeigt auf, wie es Nayo Bruce gelang, sich aus der Abhängigkeit seines Impressario zu befreien und eine eigene "Völkerschau" zu etablieren und erfolgreich zu führen. Er tingelt mit verschiedenen Formationen durch halb Europa und gelangt bis in den Kaukasus, wo er am 3. März 1919 verstarb. Auf seinen Reisen hat Bruce 13 Kinder gezeugt. Einige begleiteten ihn später oder wuchsen bei wohlhabenden Pflegeeltern oder in christlichen Heimen in Deutschland und in Rußland auf. Ein vielseitiges Recherchefeld also für die Autorin. Sie macht in ihrem Buch nicht nur deutlich, woher, aus welchen sozialen Verhältnissen, wie und warum Bruce nach Europa kam und schließlich hier seinen Lebensmittelpunkt sah, sondern v. a., was er auf den Tourneen erlebte, wie diese abliefen - soweit jedenfalls, wie es die Quellen hergeben. Brändle spürte ebenso verbissen den Lebenswegen von Bruces Kindern und Enkeln bis in die Gegenwart nach. Sie hat sie nicht nur in den beiden Teilen Deutschlands, sondern auch in anderen europäischen Ländern sowie in Afrika gefunden.

Ulrich van der Heyden, Berlin


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